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zu sagen mustert“, dachte Alex. Dann glitt jedoch ein Lächeln über ihr Gesicht und sie sagte:
                     „Hätte ich ja nicht gedacht, dass wir uns noch einmal wiedersehen, Daniela.“
                        „Tja, so kann´s gehen“, erwiderte die Mutter trocken und Alex grinste. Die beiden schienen
                     sich nicht besonders gut zu verstehen, aber Mutter stand der autoritären Oma in nichts nach.
                     Noch nicht mal begrüßt hatten sie sich.
                        „Ich werde dann mal auspacken“, sagte Oma und wendete sich ab. „Alex, zeigst du mir
                     dein Zimmer?“
                        Sie gingen nach oben, wo der Vater schon die Koffer abgestellt hatte. „Hier ist es“, meinte
                     er. „Ist es okay so?“
                        Oma blickte ihn an. „Wie meinst du das?“
                        „Na ja, aufgeräumt und das alles...keine Ahnung.“
                        Oma grinste. „Ach so. Ja, natürlich, es ist in Ordnung. Dir haben sie bestimmt die Hölle
                     heiß gemacht, weil ich komme, nicht wahr? Keine Angst, ich bin nur halb so schlimm.“
                        Alex zuckte mit den Schultern. Allmählich glaubte er, dass keiner hier so ganz normal
                     war.
                        Beim Frühstück am nächsten Morgen war Oma noch nicht auf, aber als sie aus der Schule
                     kamen, saß sie schon am Tisch, während Mutter noch beim Kochen war. Alex stellte seine
                     Schultasche ab und wollte nach unten gehen, als Oma sagte: „Deine Mutter hat mir erzählt,
                     dass du Schlagzeug spielst.“ Er nickte.
                        „Wie lang schon?“ Es war wie ein Verhör.
                        „3 Jahre. Es stört dich doch nicht, wenn ich tagsüber ein bisschen übe, oder? Es kann
                     manchmal etwas laut werden.“
                        „Nein, das ist kein Problem, im Gegenteil. Ich mag Musik, und ich will nicht, dass du
                     aus Rücksicht vor mir deine Hobbys aufgibst. Es ist so wichtig, dass Jugendliche etwas haben,
                     mit dem sie sich ablenken können.“
                        Mutter sagte nichts dazu, doch die blickte Oma mit einem entnervten Blick an. Alex
                     wusste nicht, was das bedeuten sollte, und es war ihm auch egal. Oma hatte Recht und er
                     würde jetzt nach unten gehen und sich ablenken.
                        Nach und nach gewöhnten sich alle an die neue Situation und der Alltag kehrte wieder
                     ein. Oma fiel ihnen wider Erwarten nicht auf die Nerven und beschäftigte sich meistens
                     selber. An Familienunternehmungen an den Wochenenden schloss sie sich meistens aus. Sie
                     schob es auf die Gesundheit und seine Eltern nahmen es gerne hin und fragten nie genauer.
                        An einem Tag mussten sie Einkäufe machen. Alex wollte eigentlich nicht mit, aber er
                     brauchte eine neue Hose. Mutter konnte ihn nur überzeugen, indem sie ihm versprach, er
                     käme als erster dran und dürfte dann den Bus nach Hause nehmen. Sie fuhren früh los und
                     Oma blieb wie immer zu Hause.
                        „Nein geht nur, es ist kein Problem, ich bleibe hier.“, sagte sie. „Ich werde wahrscheinlich
                     ein bisschen Fernsehen gucken.“
                        Doch als Alex dann schließlich früher als die anderen nach Hause kam, saß sie nicht
                     am Fernseher. Außerdem dröhnte das ganze Haus. Und zwar kam das von seinem Schlagzeug
                     aus dem Keller! Das gab es doch nicht! Jemand musste ins Haus eingebrochen sein. Aber
                     was machte ein Einbrecher unten am Schlagzeug? Und wo war überhaupt Oma? Er ging
                     nach unten. Leise brauchte er nicht zu sein, aber seine Knie zitterten trotzdem. Er wollte
                     sich nur kurz vergewissern, ob es wirklich ein Einbrecher war, denn Jörg kam schließlich



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