Page 203 -
P. 203
zu sagen mustert“, dachte Alex. Dann glitt jedoch ein Lächeln über ihr Gesicht und sie sagte:
„Hätte ich ja nicht gedacht, dass wir uns noch einmal wiedersehen, Daniela.“
„Tja, so kann´s gehen“, erwiderte die Mutter trocken und Alex grinste. Die beiden schienen
sich nicht besonders gut zu verstehen, aber Mutter stand der autoritären Oma in nichts nach.
Noch nicht mal begrüßt hatten sie sich.
„Ich werde dann mal auspacken“, sagte Oma und wendete sich ab. „Alex, zeigst du mir
dein Zimmer?“
Sie gingen nach oben, wo der Vater schon die Koffer abgestellt hatte. „Hier ist es“, meinte
er. „Ist es okay so?“
Oma blickte ihn an. „Wie meinst du das?“
„Na ja, aufgeräumt und das alles...keine Ahnung.“
Oma grinste. „Ach so. Ja, natürlich, es ist in Ordnung. Dir haben sie bestimmt die Hölle
heiß gemacht, weil ich komme, nicht wahr? Keine Angst, ich bin nur halb so schlimm.“
Alex zuckte mit den Schultern. Allmählich glaubte er, dass keiner hier so ganz normal
war.
Beim Frühstück am nächsten Morgen war Oma noch nicht auf, aber als sie aus der Schule
kamen, saß sie schon am Tisch, während Mutter noch beim Kochen war. Alex stellte seine
Schultasche ab und wollte nach unten gehen, als Oma sagte: „Deine Mutter hat mir erzählt,
dass du Schlagzeug spielst.“ Er nickte.
„Wie lang schon?“ Es war wie ein Verhör.
„3 Jahre. Es stört dich doch nicht, wenn ich tagsüber ein bisschen übe, oder? Es kann
manchmal etwas laut werden.“
„Nein, das ist kein Problem, im Gegenteil. Ich mag Musik, und ich will nicht, dass du
aus Rücksicht vor mir deine Hobbys aufgibst. Es ist so wichtig, dass Jugendliche etwas haben,
mit dem sie sich ablenken können.“
Mutter sagte nichts dazu, doch die blickte Oma mit einem entnervten Blick an. Alex
wusste nicht, was das bedeuten sollte, und es war ihm auch egal. Oma hatte Recht und er
würde jetzt nach unten gehen und sich ablenken.
Nach und nach gewöhnten sich alle an die neue Situation und der Alltag kehrte wieder
ein. Oma fiel ihnen wider Erwarten nicht auf die Nerven und beschäftigte sich meistens
selber. An Familienunternehmungen an den Wochenenden schloss sie sich meistens aus. Sie
schob es auf die Gesundheit und seine Eltern nahmen es gerne hin und fragten nie genauer.
An einem Tag mussten sie Einkäufe machen. Alex wollte eigentlich nicht mit, aber er
brauchte eine neue Hose. Mutter konnte ihn nur überzeugen, indem sie ihm versprach, er
käme als erster dran und dürfte dann den Bus nach Hause nehmen. Sie fuhren früh los und
Oma blieb wie immer zu Hause.
„Nein geht nur, es ist kein Problem, ich bleibe hier.“, sagte sie. „Ich werde wahrscheinlich
ein bisschen Fernsehen gucken.“
Doch als Alex dann schließlich früher als die anderen nach Hause kam, saß sie nicht
am Fernseher. Außerdem dröhnte das ganze Haus. Und zwar kam das von seinem Schlagzeug
aus dem Keller! Das gab es doch nicht! Jemand musste ins Haus eingebrochen sein. Aber
was machte ein Einbrecher unten am Schlagzeug? Und wo war überhaupt Oma? Er ging
nach unten. Leise brauchte er nicht zu sein, aber seine Knie zitterten trotzdem. Er wollte
sich nur kurz vergewissern, ob es wirklich ein Einbrecher war, denn Jörg kam schließlich
201