Page 175 -
P. 175

Abschied von Jochen Zerrath

                        Lieber Jochen,
                        es ist mir eine Ehre, für Dich ein paar Abschiedsworte zu formulieren. Nach 6 Jahren an
                     der Goethe – Schule verlässt Du diese nun, um an Deiner alten Stammschule in Niedersachsen
                     den Dienst wieder anzutreten, ebenso wie Deine Frau Iris. Das sicher nicht leichte Los eines
                     Mathematik- und Physiklehrers hast Du an der Goethe – Schule mit dem Dir eigenen trocken-
                     schelmischen Humor des Menschen aus dem Norden Deutschlands –- „das Leben ist hart,
                     aber ungerecht“ – und der notwendigen Gewissenhaftigkeit bis hin zu unzähligen Mesas
                     unkompliziert angenommen und ausgefüllt. Mich haben an Deiner Haltung als Lehrer und
                     als Kollege vom ersten Tage an die Konsequenz und Disziplin im Arbeitsprozess, die
                     ausgesprochene Fairness im Umgang mit Schülern und Kollegen und die absolute
                     Zuverlässigkeit überzeugt. Ohne große Worte warst Du immer präsent und hilfsbereit. Fast
                     in jedem Jahr in irgendeiner Form am Abitur beteiligt und damit endlosen Korrekturorgien
                     ausgesetzt, ging Dir doch nie die Freude an der Arbeit und am Leben verloren; dies drückte
                     sich in einer stets freundlichen und neugierigen Art aus. Wenn das letzte Jahr auch in etwas
                     gebückter Haltung auf Grund von Hüftbeschwerden bestritten werden musste, so ging der
                     Blick doch immer geradeaus, sachorientiert, mit dem Gespür für das Wesentliche.
                        So nebenbei betreutest Du auch noch die Astronomie – Ag und ließest dabei so manchen
                     Schüler und Kollegen die Sterne begucken. Damit sie aber nicht versanken im All, kam dann
                     irgendwann die Aufforderung: „So, jetzt machen wir `mal …“
                        Dass es neben der Schule auch noch andere Dinge gibt, die lohnens- und lebenswert
                     sind, beweisen Deine zahlreichen sonstigen Aktivitäten, bei denen, vom Fußball einmal
                     abgesehen, Deine Ehefrau Iris die Planerin und Managerin war; eben ein eingespieltes Team.
                     Erwähnen möchte ich auch so manchen guten Tipp, was die argentinischen kulinarischen
                     Lokalitäten anbelangt, und die Begeisterung für das Kino. Auf Deinen Reisen in Südamerika
                     hattest Du Dir schnell den Ruf eines stoischen und konditionsstarken Autofahrers verschafft,
                     der sich sehr gut auskannte. Ganz gut in Erinnerung sind uns noch Deine begeisterten
                     Erzählungen von Galapagos oder Patagonien.
                        6 Jahre lang prägtest Du mit der Präsenz und Präzision eines „Weser-Maradona“ die
                     Geschicke der Goethe – Fußballtruppe als Spieler, als Präsident, als Kassenprüfer und, im
                     letzten Jahr, als invalides Vollmitglied und Alterspräsident.
                        Als ganz besondere Leistung von Euch muss der von Euch ins Leben gerufene und 6 Jahre
                     lang in Eurem Hause durchgeführte Literaturkreis von Freunden und Kollegen erwähnt werden.
                     Auch solche Dinge gehören zu einer Gemeinschaft und zum Engagement im deutschen
                     ausländischen Schuldienst.
                        Uns fehlen in beinharten und lustigen Doppelkopfrunden jetzt schon Deine trockenen
                     Kommentare und Iris` Pique - Dame vor der Kreuz - Dame.
                        Wir wünschen Dir, lieber Jochen, noch zwei erfreuliche verbleibende Dienstjahre, und Dir,
                     liebe Iris, einen guten Wiedereinstieg in den deutschen Schuldienst nach 6 Jahren Abstinenz.
                        Den „Neubeginn“ in Deutschland, der ja immer nach langer Abwesenheit und langen
                     Lebens in der Fremde durchaus schwierig ist, werdet Ihr mit der Euch eigenen und der von
                     der Rückkehr aus Kairo bekannten Souveränität angehen und bewältigen. Wir wünschen
                     Euch dafür Gesundheit und Stehvermögen.
                                                                            Prof. Walter HOFFMANN

                                                          173
   170   171   172   173   174   175   176   177   178   179   180