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25 Jahre Mauerfall – eine Feierstunde an der Primaria




            Deutschland, die Trennung, der Mauerfall und die Wiedervereinigung – ein Thema, das
          die Schüler der Jahrgangsstufen 1 bis 6 brennend interessiert. Das konnte in den beiden
          Wochen vor dem Tag der Deutschen Einheit in den Klassen der Primaria immer wieder
          beobachtet werden. Auf verschiedenen Zugangswegen näherten sich die Kinder mit ihren
          Lehrkräften dem Thema an. Sie hörten und sahen Bild- und Tondokumente im Internet und
          lauschten Zeitzeugen. Es wurden Fakten zusammengetragen, aber man setzte sich auch
          künstlerisch mit dem Thema Mauer auseinander. Die Schüler brachten Schuhkartons von
          zu Hause mit, die sie zu Mauersteinen gestalteten. Auf der einen Seite grau, ganz wie im
          Ostteil Berlins, auf der anderen Seite bunt und voll mit Graffiti oder Schlagworten, wie sie
          einst an der Berliner Mauer im Westen zu finden waren.
            Diese selbst gestalteten Mauersteine bildeten dann den Kern der Schülerhandlungen
          im Rahmen der Feierstunde am 2. Oktober. Das Orff-Orchester der älteren Primarschüler
          spielte zum Auftakt Beethovens „Ode an die Freude“, die Europäische Hymne, die für
          den Frieden, die Freiheit und die Solidarität der Völker Europas steht. Während in einer
          Ansprache der historische Bogen geschlagen wurde vom Kriegsende bis in das Jahr
          1989, dem Jahr des Mauerfalls, errichteten die rund 600 Schüler der Primaria aus ihren
          verzierten Schachteln eine kleine Mauer auf dem Schulhof. Über diese Mauer hinweg war
          es ihnen möglich, die Schüler auf der anderen Seite zu sehen und ihnen zu zuwinken.                Das Orff-Orchester der Primaria spielt zum Auftakt.  Schüler bauen eine Mauer.
          Nicht aber war es möglich, auf die andere Seite der Mauer zu gehen, um Freunde
          oder Verwandte zu besuchen. Parallel zu dieser symbolisch initiierten Trennung trugen
          Schüler der 6. Klasse Slogans und Forderungen vor, wie sie immer lauter und deutlicher
          auf den Montagsdemonstrationen vor allem in Leipzig, aber auch in anderen Städten
          Ostdeutschlands im Herbst 1989 zu hören waren. „Wir sind das Volk!“, „Freiheit!“, „Keine
          Gewalt!“, „Wir sind ein Volk!“, „Reisefreiheit – Meinungsfreiheit – Pressefreiheit!“. Diese
          Parolen der friedlichen Revolutionen wurden schließlich unüberhörbar für die Machthaber
          in Ostberlin. Und so wie sie halfen, im November 1989 die Mauer zum Einsturz zu bringen,
          leiteten sie auch auf dem Schulhof der Primaria den Fall der Mauer ein und verleiteten die
          Schüler zum Jubel. Noch einmal spielte das Orff-Orchester, diesmal war es aus Haydns
          Kaiserlied die Melodie der Deutschen Nationalhymne. Warum sie unter anderem von
          Einigkeit singt, wurde den Kindern im Verlauf dieser anschaulichen Unterrichtszeit aus
          dem Blickwinkel der Trennung und der Wiedervereinigung Deutschlands ganz deutlich.
            Die Schuhkartons übrigens wurden von den Schülern im Laufe des Tages noch einmal
          zu einer bunten Mauer aufgesetzt, die jetzt die große Halle in der Primaria der Goethe-
          Schule schmückt.


                                                                         Martin HABIG






                                                                                                                    Schüler errichten eine Mauer.  Eine symbolische Mauer entsteht auf dem Schulhof.


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