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Jedem Zuschauer des Streifens sind diese Szenen im Gedächtnis eingebrannt, mit
                 denen die Wandlung des Unternehmers und NSDAP-Mitglieds Schindler plausibel
                 gemacht wird. War er zuvor mit der Absicht nach Krakau gekommen, möglichst schnell
                 reich zu werden, so verwandelt er sich jetzt in einen Retter und Helden, der ebenso
                 geschickt wie aufopferungsvoll darum kämpft, 1200 jüdische Zwangsarbeiter vor dem
                 sicheren Tod zu bewahren. In einem zwanzig Jahre nach Kriegsende in Deutschland
                 aufgezeichneten  Interview  erklärt  er  lapidar:  „Ein  denkender  Mensch,  der  mit  dem
                 inneren  Schweinehund  siegreich  fertig  wurde,  musste  einfach  helfen;  es  gab  keine
                 andere Möglichkeit.“

                 Die Schriftstellerin, Journalistin, Übersetzerin und Biographin Erika Rosenberg – 2015
                 erscheint ihre erfolgreiche Biographie „Als ich mit dem Papst U-Bahn fuhr“ auf Deutsch
                 – hält an diesem Montagvormittag in der Aula der Goethe-Schule einen Powerpoint-
                 Vortrag über die Hintergründe des Films und führt anschließend mit den Schülern des 12.
                 Jahrgangs einen Workshop durch. Ihre langjährige journalistische Auseinandersetzung
                 mit dem Thema hat mittlerweile zu einer ganzen Reihe von Buchveröffentlichungen
                 geführt, darunter: „In Schinders Schatten. Emilie Schindler erzählt ihre Geschichte“
                 (1997) und „Oskar Schindler: Seine unbekannten Helfer und Gegner“ (2012).

                 „Es ist eine große Ehre für mich, von der Goethe-Schule eingeladen worden zu sein“,
                 erklärt Erika Rosenberg zum Abschluss der Veranstaltung und zeigt auf ihre goldene
                 Ehrenmedaille mit dem grün gerahmten G der Schule, die sie an einer Kette um den Hals
                 trägt, „immerhin habe ich hier von 1980-2001 als Lehrerin an der Humboldt Akademie
                 gewirkt und hier hat auch mein Sohn 1991 sein Abitur gemacht.“ Zum ersten Mal an
                 diesem Montagvormittag müssen wir Frau Rosenberg korrigieren: Nicht sie, sondern
                 wir haben allen Grund uns geehrt zu fühlen.
                                                                                 Frank Forster


































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