Page 58 -
P. 58

DER ERSTE IMMERSIONSJAHRGANG NIMMT AN DER
               INTERNATIONALEN VERGLEICHSARBEIT A1 TEIL

          Tatsächlich  ist  Immersion  ein  langer  Weg,  der  nicht  geradlinig  verläuft,  weil  eben
          auch der Spracherwerb nicht den Prinzipien einer mathematischen Gleichung folgt.
          Aber dennoch, am Ende kann man konstatieren: Immersion lohnt sicht.
          Als die jetzigen Viertklässler, damals noch in der Fünfjährigengruppe des Kindergartens,
          als erster Jahrgang an der Goethe-Schule mit der Immersion in sprachheterogenen
          Gruppen begannen, waren längst nicht alle von dem Erfolg des Konzepts überzeugt.


          IMMERSION - MEHR ALS HERKÖMMLICHER UNTERRICHT.
          Der  Immersionsansatz  wird  gemeinhin  als  „Sprachbad“  bezeichnet,  in  das  die
          Kinder eintauchen. Anders als im herkömmlichen Unterricht wird die Sprache nicht
          systematisch  unterrichtet,  sondern  für  die  alltäglichen  Aktivitäten  in  Kindergarten
          oder Schule genutzt; sie ist Umgangs- und Unterrichtssprache zugleich.
          Immersion  folgt  dabei  den  Erkenntnissen  der  Psycholinguistik,  die  sich  unter
          anderem  mit  dem  Erwerb  von  Sprachen  beschäftigt.  Aus  psycholinguistischen
          Studien wissen wir, dass Immersion der Art und Weise nahe kommt, wie ein Mensch
          seine Muttersprache erlernt.
          Soweit so gut… aber würde dieser Ansatz ausreichen, Kinder ohne deutschsprachigen,
          familiären   Hintergrund   gemeinsam   mit   (den   wenigen)   deutschsprachig
          aufwachsenden Kindern in ihren jeweiligen Lerngruppen zu unterrichten? Würden
          unsere  Schülerinnen  und  Schüler  ohne  häuslichen  Bezug  zum  Deutschen  mit
          diesem Konzept sprachlich erfolgreicher als in den F-Gruppen werden? Unsere erste
          internationale Evaluation mit Immersionskindern belegte nun das, was die Lehrkräfte
          dieser  Gruppen  längst  festgestellt  hatten:  Immersionskinder  gehen  offener,
          hemmungsloser und produktiver mit der deutschen Sprache um und haben einen
          umfangreicheren Wortschatz.
          Die Ergebnisse sprechen für sich: Unsere Viertklässler befinden sich mehrheitlich auf
          Niveau A1, 99% der Schülerinnen und Schüler in mindestens 3 von 4 Teilkompetenzen,
          74% in allen 4 Kompetenzbereichen.
          Vergleicht man die Immersionsgruppen mit den F-Schülern aus 2019, lassen sich vor
          allem  in  den  produktiven  Kompetenzen  Mündlich-  und  Schriftlichkeit  erfreuliche
          Verbesserungen  feststellen: 85% der Kinder haben die schriftliche,  94% die mündliche
          Prüfung bestanden.
          Damit  haben  wir  vorerst  eines  der  Ziele  erreicht,  das  wir  uns  gesetzt  haben:  eine
          sprachliche Verbesserung der Schülerinnen und Schüler, die außerhalb der Schule
          keinen  Kontakt  zum  Deutschen  haben.  Und  das  trotz  der  Pandemie,  trotz  eines
          ganzen Jahres Fernunterricht (mit Wechsel des Deutschlehrwerks) und eines halben
          Jahres im Hybridsystem.
          Das ist ein Gesamtergebnis, auf das alle Beteiligten stolz sein können: die Schülerinnen
          und Schüler und ihre Eltern, die Erzieherinnen, die die Grundlage im Kindergarten
          gelegt haben sowie all die Grundschullehrkräfte, die die Kinder von der ersten Klasse
          an betreut haben, vor allem aber in den letzten anderthalb Jahren unter erschwerten
          Bedingungen.  Herzlichen Glückwunsch!
                                                                         Tim O. Sander
                                                             Gesamtkoordinator für Deutsch

                                               56
   53   54   55   56   57   58   59   60   61   62   63