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„ERST DIE SPRACHE MACHT DIE DINGE SICHTBAR“
Der österreichische Autor Karl Lubomirski im Gespräch mit dem Journalisten
Rubén Vallejo und dem Dichter Osvaldo Rossi.
An der Lyrik des österreichischen Altmeisters des Kurzgedichts Karl Lubomirski
überrascht neben ihrer Nüchternheit und Schnörkellosigkeit der eigenwillige und sehr
persönliche Blick auf die Welt. Eigenhändig vorgetragen, in diesem alpenländisch-
bedächtigen und überaus sympathischen Sprachduktus des Dichters – wie am letzten
Freitag im Musikauditorium der Goethe Schule zu erleben – offenbart sich zudem:
Dieses Werk sucht nicht den ehrfurchtsvoll-passiven Rezipienten, der, geblendet von
Esprit und sprachlicher Brillanz die inhaltliche Leere geflissentlich übersieht sondern
den mitdenkenden, mitschaffenden Leser als „Bruder“ (Baudelaire). Im Gespräch mit
Osvaldo Rossi findet Lubomirski für sein poetologisches Programm denn auch die
griffige Formel: „Ich will Gedanken ausdrücken und nicht Sprachschönheiten“.
Aber man lasse sich nicht täuschen: Hinter der schlichten, geradezu bescheidenen
Fassade dieses Werkes verbirgt sich die ernste Sorge um eine Welt, der das „Sakrale“
abhanden kam – wodurch sich ihr zunehmend pessimistischer Grundton erklärt. „Ich
glaube“, so der Dichter, „im Laufe des Lebens wird man immer einsamer, auch weil
man merkt, wie wenig man selbst weiß und wie wenig echte Kommunikation zwischen
Menschen zustande kommt. Gemeinsam denken kann man vielleicht im Fußball oder
in der Politik, aber darüber hinaus, was bleibt uns da?“
Das tragische Moment in der Lyrik des 1939 im Tiroler Hall geborenen und seit über
einem halben Jahrhundert in Italien lebenden Österreichers tritt bereits bei seiner
Entstehung auf den Plan. Lubomirski spricht von einem geradezu zwanghaften Denken
in Bildern, das ihn „manche Nacht“ nicht schlafen lässt, einfach weil „ein Bild da ist und
darauf wartet in Worte gefasst und befreit zu werden.“ Dabei besteht der dichterische
Prozess nicht in der Übertragung von einem Medium in das andere allein, die Sprache
hat vielmehr das Mandat das Bild „nachzuschärfen“ und so im eigentlichen Sinne erst
„sichtbar“ zu machen.
Lubomirski ist Mitglied der Akademie Mediterráneo und der Humboldt Gesellschaft,
sein umfangreiches, aus Reiseberichten, Erzählungen, Dramen und Lyrik bestehendes
Schaffen wurde in zwanzig Sprachen übersetzt, in Japan trägt ein Haiku-Wettbewerb
seinen Namen und der Abend im Musikauditorium der Goethe Schule wird vom
österreichischen Botschafter Christoph Meran im Beisein von María Kodama eröffnet.
Was wünscht man sich da noch zu schreiben? Die Antwort folgt auf den Fuß: „Ein
Libretto oder ein Drama über Caravaggio. Eine tragische Figur und ein überaus
dankbares Subjekt.“
Frank Forster
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