Page 57 -
P. 57

lichen Gedanken darüber, Kindergarten war schon seit langem vorbei. Nichtsdestotrotz komm ich
            heute nicht umhin zu denken, dass Kindergarten nicht das Einzige ist, was vorbei ist. Nun ist auch
            unsere Zeit an der Goethe-Schule vorüber. Ein sehr wichtiger Teil unseres Lebens neigt sich dem
            Ende entgegen. Ich glaube, wir alle sind im Moment verzweifelt und voller Fragen: Was sollen wir
            studieren? Wo sollen wir studieren? Was werden wir nächstes Jahr überhaupt mit unserem Leben
            machen? Früher haben wir immer gewusst, dass egal, was passierte, wir im nächsten Jahr wieder
            zur Schule gehen würden, unsere Zukunft war uns mehr oder weniger bewusst. Doch nun ist das
            nicht mehr der Fall, auf einmal sind wir „allein“ im Freien, auf einmal müssen wir Erwachsene sein.
               Das zweite Zitat stammt, wie bereits gesagt, von dem Schriftsteller Ray Bradbury, und lautet: „
            Was ich wirklich hasse ist ein alter Römer namens Status Quo. Staunt euch die Augen aus dem Kopf,
            lebt, als hättet ihr nur noch zehn Sekunden zu leben. Seht euch die Welt an. Sie ist phantastischer als
            irgendein fabrikmäßig hergestellter Traum. Verlangt keine Sicherheit, das hat es in unserer Tierwelt
            überhaupt nie gegeben: „Ich habe dieses Zitat gewählt, weil ich der Meinung bin, dass es ein tolles
            Lebensmotto für die kommenden Jahre ist. Jetzt fangen wir eine neue, spannende Phase in unserem
            Leben an, jetzt sollen wir uns die Welt ansehen. Auch wenn wir nun erwachsen werden müssen,
            hoffe ich, dass niemand von uns jemals aufhört ein bisschen kindlich zu sein, ein bisschen naiv und
            hoffnungsvoll. Wir wissen nicht, was in der Zukunft kommen wird, aber egal, was wir machen, wir
            müssen es leidenschaftlich tun.
               Wie alle wahrscheinlich wissen, waren wir vor einigen Wochen gemeinsam in Brasilien. Dort
            haben wir tolle Erfahrungen gemacht. Eine, die sich besonders in meine Erinnerung eingebrannt hat,
            ist eine Nacht, die wir gemeinsam am Strand verbracht haben. In dieser Nacht, gemeinsam um ein
            Lagerfeuer versammelt, haben wir uns einige Versprechen gegeben und uns an unsere gemeinsamen
            Jahre erinnert und uns dafür bedankt. Wir haben uns gegenseitig um Entschuldigung gebeten, falls
            wir etwas getan hatten, dass den anderen gekränkt hatte. Diese war meiner Meinung nach, und
            ich bin sicher, dass noch viele andere meiner Mitschüler derselben Meinung sind, unsere schönste
            Nacht in Brasilien. Es war diese Nacht, in der wir uns als wirkliche Gemeinschaft gefühlt haben,
            als eine Einheit, die, egal was passiert, zusammen bleiben wird. Wir blickten uns alle in die Augen
            und weinten, wir weinten, weil wir wussten, dass alles vorbei war. Die 15 Jahre, die wir gemeinsam
            verbracht haben, sind leider schon vorüber. Die Gedanken, die in dieser Nacht entstanden sind,
            will ich heute wiederholen: Danke, für jeden guten Tag, Entschuldigung für jeden schlechten Tag,
            und wir Versprechen, wir werden unser Bestes geben, um glücklich zu Leben und um so lange wie
            möglich zusammenzuhalten.
               Das letzte Zitat gehört einem Sänger aus Uruguay und lautet: “Cada uno da lo que recibe y luego
            recibe lo que da, nada es más simple, no hay otra norma: nada se pierde, todo se transforma.” Was
            grob übersetzt bedeutet: „Jeder gibt, was er bekommt und bekommt zurück, was er gibt. Nichts ist
            leichter, es gibt kein anderes Gesetz: Nichts geht verloren, alles verändert sich um.” Ich will meine
            Rede mit diesem Zitat beenden, weil es einen Gedanken enthält, der während des Lagerfeuers ent-
            standen ist, nämlich: „Nichts geht verloren, alles verändert sich um“. Unsere Zeit in dieser Schule,
            unsere Freundschaften, all die guten und schlechten Momente werden uns immer präsent sein, egal,
            was passiert. Diese tolle Energie, die jeder Einzelne hat, all das, was uns zu der fantastischen 115
            vereint, wird nie verloren gehen, alles wird bewahrt. Jetzt kommt es zu einer Peripetie in unserem
            Leben, ab heute ändert sich alles um.

               Vielen Dank!

                                                                Geraldine RUFFIER d´EPENOUX

                                                 55
   52   53   54   55   56   57   58   59   60   61   62