1924 | 15º Jahresbericht – Deutsch-Argentinische Volksschule Belgrano (Humboldt-Schule)


An die Mitglieder der Deutsch-Argentinischen Volksschule Belgrano, an die Freunde und Gönner unserer Schule!

Zum ersten Male treten wir unter unserem neuen Namen DEUTSCH-ARGENTINISCHE VOLKSSCHULE BELGRANO vor unsere Mitglieder, um Rechenschaft abzulegen über das verflossene und für unsere Schule so ereignisreiche Jahr. Der Germanische Schulverein besteht dem Namen nach nicht mehr, aber der Geist, der in ihm wohnte, wird weiterleben, auch unter der neuen Bezeichnung, die wir aus Gründen der Zweckmässigkeit wählen mussten.

Im Januar v.J. wurde uns nach langwierigen Bemühungen das Recht der «personería jurídica» von der Regierung verliehen und wir konnten nun endlich den Besitztitel, der bisher auf den Namen des Herrn Francisco Dietrich gelautet hatte, auf unseren Namen übertragen lassen. Herrn Francisco Dietrich sei auch an dieser Stelle für sein stets hilfsbereites und uneigennütziges Eintreten für unsere Sache herzlichst gedankt. Mit der Übertragung des Besitztitels Hand in Hand ging in unseren Büchern die Uebertragung des bisherigen Kontos «Deutsche Volksschule Belgrano» auf Kapitalkonto, so dass sich letzteres einschliesslich des bisherigen Kontos «Fonds für Ausbesserungen und Ergänzungen», das wir eingehen liessen, und eines Teiles des Kontos «Schulbetrieb», den wir hierauf übertrugen, nunmehr auf  $ 165.000 beläuft.

Nachdem wir im verflossenen Jahre den Rest unserer Bauschuld bei der Compañía General de Obras Públicas S.A., der hier nochmals für ihr ausserordentliches Entgegenkommen unser verbindlichster Dank ausgesprochen sei, abgetragen haben, können wir im kommenden Jahre an den sich unbedingt als notwendig erweisenden weiteren Ausbau unserer Schule denken und hoffen, auch hierbei auf die Unterstützung der deutschen Kolonie rechnen zu können. 

Immer mehr bricht sich die Überzeugung Bahn, dass die deutsche Volksschule im Auslande der stärkste Träger unseres Volkstumes ist, das wir unseren Nachkommen erhalten wollen, so lange es nur irgend möglich ist. Aus diesem Grunde sparen wir auch trotz des an sich schon äusserst geringen Schulgeldes nicht mit Freistellen, wo es angebracht scheint, das heisst, wo deutsche Kinder aus pekuniären Gründen in eine nicht deutsche Schule geschickt und darum dem Deutschtum verloren gehen würden. Wir glauben, einen Beweis für die Richtigkeit unseres Vorgehens in der wirklich grosszügigen Unterstützung zu sehen, die uns Jahr für Jahr von der deutschen Kolonie entgegengebracht wird. 

Allen, die uns in unseren Bestrebungen geholfen haben und die wir hier nicht namentlich aufführen können, sei unser herzlichster Dank ausgesprochen, in erster Linie der deutschen Regierung und Gesandtschaft, den beiden deutschen Banken und den deutschen und deutschfreundlichen Fiimen im Platze, die uns durch Zuwendungen unterstützten, der deutschen Presse für ihre uns stets offenstehenden Spalten, den Domen Frau Oelsner und Fräulein Kaltheuner für ihre nie ermüdende Sammeltätigkeit, uuseren ehemaligen Schülern und Schülerinnen für ihre Mit hilfe beim Schulfest und den Herren Paul Seeger und R. Zähl für ihr selbstloses und herzerfreuendes Arbeiten auf dem Turnplatz, auf dem wir nun hoffentlich bald die lang ersehnte Turnhalle errichten können. 

In unsere Freude und Genugtuung über die stetige Entwicklung der Schule fuhr wie ein Blitz aus heiterem Himmel der plötzliche Tod unseres verehrten, alten Rektors Adolf Heidrich, der am 29. September aus dem Leben schied. In rastloser 12-jähriger Tätigkeit brachte der Verstorbene die Schule auf ihre jetzige Höhe und in treuer, vorbildlicher Pflichterfüllung harrte er bis zum letzten Augenblick auf seinem verantwortungsvollen Posten aus. Ueber das Grab hinaus ist ihm der Dank aller gewiss, die ihn kannten und schätzten, und es wird eines ganzen Mannes bedürfen, um die Lücke, die er hinterlässt, auszufüllen.

Der Vorstand glaubt, in Herrn Josef Albicker, der auf eine 14-jährige Lehrtätigkeit an der Germania-Schule zurückblickt, den rechten Mann gefunden zu haben und hat ihn vom neuen Schuljahre ab als Rektor an unsere Anstalt berufen. In der Uebergangszeit wurde die Schule von unserer bewährten Kraft, Frau Alice Jaccard, mit hervorragender Umsicht und Tatkraft geleitet, und die im Lehrbericht veröffentlichten Zeugnisse des nationalen Schulinspektors, Herrn Dr. Manuel J. Corvalán, bekunden, dass der Unterricht an unserer Schule nach wie vor als mustergültig bezeichnet werden darf, wofür wir Frau Jaccard und dem gesamten Lehrkörper Dank wissen.

Ein neues Jahr liegt vor uns! Möge die deutsche Kolonie willens und imstande sein, das Geschaffene zu erhalten und zu fördern, an uns soll es nicht fehlen!

Der Vorstand