1913 | 69º Jahresbericht – Germania-Schule


Schulbericht über das Jahr 1913

Geleitwort

Durchweht von einem Hauche aus vergangenen grossen Tagen, getragen von einem unnennbaren Gefühl der Volkszusammengehörigkeit, das zu hellen Flammen der Begeisterung emporloderte bei der Gedächtnisfeier an die deutsche Erhebung vor 100 Jahren, so steht das verflossene Schuljahr in unserer Erinnerung. Zum ersten Male haben wir in Argentinien eine deutsche Kundgebung in volkstümlicher Kraft und schlichter Grösse erlebt. Wie das Morgenrot durch Wetterwolken so leuchtete ein Abglanz jener Heldenzeit auch in die stille Arbeit der Schulstube: dem Jungen sank die Feder hin, und er träumte von Leier und Schwert. Unsere Jugend stand im Mittelpunkte des grossen Festes. Mit Recht! Denn die Jugend ist ein heiliger Bestandteil der Volkseinheit, und wenn grosse Gedanken und erhabene Gefühle uns emportragen über die kleinlichen Sorgen des Alltags, so sollen sie hineinfluten in jene Räume, wo wir Männer fürs Leben vorbereiten wollen. Wenn je, so ist es uns in diesen Tagen klar geworden: Nicht Gelehrsamkeit und Verstandeskultur allein kann uns frommen, grosse Taten entspringen aus der Tiefe des Gemütes, und die gesunde Seele fordert einen reinen und starken Körper. Wir freuen uns der doppelten Pflicht, die uns Lehrern daraus erwächst, und wollen uns redlich bemühen, sie zu erfüllen.

Von den geistig führenden Kreisen der deutschen Kolonie in Buenos Aires sind im verflossenen Jahr auf Anregung des Deutschen Wissenschaftlichen Vereins weitgehende Plañe zur wirksameren Ausbreitung des deutschen Einflusses in Argentinien in Angriff genommen worden, welche vorwiegend auf die Propaganda unter den Hiesigen gerichtet sind. Gewiss ist das ein Ziel, des Schweisses der Edlen wert! Wer von uns mochte nicht zur Erreichung desselben beitragen? Aber als unerlässliche Ergänzung müssen wir darauf hinweisen, dass wir unsern eigenen hier lebenden Landsleuten noch eine Kulturtat schulden. Wie oft begegnet man Leuten, denen man auf 10 Schritt die deutsche Abstammung ansieht, die einen ehrlichen deutschen Namen tragen, und wenn man sie in unserer Sprache anredet, einen verständnislos und verlegen ansehen. Das ist beschämend und peinlicher, als wenn drüben eine schöne Aussicht durch eine alberne Reklame verunstaltet wird. Hat man für diesen not-wendigen Heimatschutz nicht auch ein Scherflein übrig? Der Daheimgebliebene, der sich im Bewusstsein seines Wertes redlich nährt, kümmert sich im allgemeinen zu wenig um die, welche in der weiten Welt für das Deutschtum kämpfen, „wo sie von fremdem Volkstum umgeben, berufen sind, das, was deutsches Wesen heisst und ist, vor den beobachtenden Augen so vieler anders gearteter und anders empfindender Menschen rein und kräftig auszudrücken.” Der Auslandsdeutsche leistet viel für die deutsche Heimat, diese zu wenig für ihn.

Als im letzten Jahre fern am Balkan die Völker aufeinanderstiessen und der Frieden Europas dadurch mehr als einmal bedroht war, ergab sich als eine Folgeerscheinung die allgemeine finanzielle Depression in der ganzen alten Welt. Dieselbe griff auch auf Argentinien über, wo sie sich in unliebsamster Weise bemerkbar machte und eine förmliche Handelskrisis auslöste. Dadurch wurden wiederum die Einnahmen der Schule merklich herabgemindert. Hinzu kam, dass durch die von Tag zu Tag teurer werdenden Lebensverhältnisse eine Erhöhung der Lehrergehälter sich als notwendig erwies. So sah sich der Schulvorstand in die Notlage versetzt, die Schulgelder zu erhöhen, um die Einnahmen mit den Ausgaben nur einigermassen in Einklang zu bringen. Schweren Herzens entschloss sich der Schulvorstand zu diesem Schritt, weil er durchaus nicht im Interesse unseres Volkstums liegt. Mancher deutsche Familienvater. der in diesen Zeiten schwer zu kämpfen hat, schickt seine Kinder darum in die unentgeltliche spanische Staatsschule. Und weil er sich schämt, den wahren Beweggrund einzugestehen, redet er sich und den Kindern vor, die spanische Schule sei aus praktischen Gründen vorzuziehen, und ausserdem liegt sie ihm so bequem, nur wenige Schritte von seiner Tür. Vielleicht später einmal, die deutsche Schule läuft ja nicht weg! Mann, wüsstest du, was du tust! Du wendest deine Kinder von deinem Volkstum ab. Du setzt die zarte Menschenpflanze in fremden Kulturboden, wo die jungen Wurzeln neben dem Guíen auch all das aufsaugen, was wir von ihnen fernhalten mochten. Bittere Früchte werden sie tragen. Das sind hernachjene verlorenen Söhne eines Volkes, die Fremdenlegionäre der Kulturarbeit, die unter falschen Fahnen kämpfen und zu Grunde gehen. Aber auch unser deutsches Mutterland darf die Hände nicht in den Schoss legen. Schafft Freischulen für die deutsche Jugend im Auslande! Das ist wahrlich auch eine Gedächtnisstiftung, würdig der grossen Opfer von 1813. Die deutschen Kolonien im Auslande opfern viel für ihre Schulen, aber es reicht nicht aus für die Bedürfnisse. Die Reichsregierung hat in dankenswerter Weise den Reichszuschuss für unsere Schule in diesem Jahre um 1000 Mark erhöht; aber was bedeutet das bei einem Jahresbudget der Schule von 200 000 Mark? Bei den andern deutschen Schulen liegen die Verhältnisse keineswegs günstiger. Hier muss geholfen werden! Es gilt wertvolle nationale Güter zu schützen: Heimatschutz im besten Sinne des Wortes!

Der Schulvorstand

Dem Schulvorstand gehörten im Berichtsjahre folgende Herren an:

J. Plate, Vorsitzender, Vorstandsmitglied seit 1903

O. Vilmar, stellv. Vorsitzender, Vorstandsmitglied seit 1909

H. Wirth, Kassenführer,, Vorstandsmitglied seit 1901

F. Schäfer, Schriftführer,, Vorstandsmitglied seit 1903

M. Boley, Beisitzer, Vorstandsmitglied seit 1911

R. Bösenberg, Beisitzer, Vorstandsmitglied seit 1896

W. Dierks, Beisitzer, Vorstandsmitglied seit 1905

Ph. Funck, Beisitzer, Vorstandsmitglied seit 1899

F. Groebly, Beisitzer, Vorstandsmitglied seit 1911

R. Kauert, Beisitzer, Vorstandsmitglied seit 1901

C. Zitzke, Beisitzer, Vorstandsmitglied seit 1911

Dir. Dr. Ruge, Beisitzer, Vorstandsmitglied seit 1903

Das am 14. Oktober erfolgte Ableben des langjährigen, verdienstvollen Vorstandsmitgliedes der Deutschen Evangelischen Gemeinde und der Germania-Schule, Herrn Rudolf Bösenberg, wurde allgemein betrauert. Er war Sohn eines Lehrers und hat für das Gedeihen unserer Schule stets den regsten Eifer bekundet. als eines der ältesten Mitglieder der deutschen Kolonie hat Herr Bösenberg an allen gemeinnützigen Bestrebungen derselben tätigen Anteil genommen. Er gehörte zahlreichen Vereinen an und bekleidete verschiedene Ehrenämter. Der Schulvorstand wird ihm ein ehrenvolles Andenken bewahren. Er hat beschlossen, die älteste Tochter des Verstorbenen, Frl. Luisa Bösenberg, welche in Deutschland ihre Studien vollendet hat, mit Beginn des neuen Schuljahres in den Lehrkörper unserer Schule zu berufen.

Der Schulvorstand gestattet sich, an erster Stelle der Hohen Reichsregierung für die der Schule im letzten Jahre gewährte Erhöhung des Reichszuschusses geziemend zu danken.

Der Vorstand dankt ferner Sr. Exzellenz, dem Herrn Reichskanzler, dem Auswärtigen Amt zu Berlín und den Vertretern der Kalserlichen Regierung in Buenos Aires für das der Germania-Schule auch in diesem Jahre bewiesene Wohlwollen und Interesse.

Dem Kaiserlichen Gesandten, Herrn Minister Freiherrn von dem Bussche-Haddenhausen, spricht der Schulvorstand seinen besonderen, tief empfundenen Dank aus. Eine klare, kraftvolle Persönlichkeit, beseelt von einer unermüdlichen Arbeitskraft, hat Herr Minister von dem Bussche die Interessen des Deutschtums am Rio de la Plata energisch und auf das erfolgreichste vertreten und dabei, auf das glücklichste unterstützt von seiner Frau Gemahlin, durch gewinnende Liebenswürdigkeit sich das Vertrauen und die Hochschätzung aller Deutschen, ob Hoch oder Niedrig, gewonnen. Die Kunde von der Möglichkeit einer baldigen Berufung des Kaiserlichen Gesandten auf einen anderen Posten wurde hier mit allseitigem Bedauern aufgenommen, obwohl Herr Minister Freiherr von dem Bussche und Frau Gemahlin sich versichert halten dürfen, dass die besten Wünsche der Deutschen Kolonie am Rio de la Plata sie stets und überall begleiten werden.

Im Laufe des Jahres wurden der Schule folgende Schenkungen zu teil:

von Herrn F. Groebly, bar 500,—

von Herrn J. B. 5 Schuldscheine, Serie B. a $ 100.— und Zinsen n 525.—

von Herrn Engelbert Hardt & Cia., 3 Schuldscheine, Serie C (Rest von 3000.— $ Gold) a $ 100.— und Zinsen $ 315.— Gold 1025.— $ 315.- Gold

Der Schulvorstand spricht den freundlichen Gebern hierdurch seinen herzlichsten Dank aus. Er dankt ferner der Deutschen La Plata-Zeitung für die wertvolle Unterstützung, die sie unserer Arbeit hat zuteil werden lassen. Desgleichen dankt er allen, die durch Schenkungen und Zuwendungen die Sammlungen der Schule bereichert haben.

Das Lehrerkoliegium

Dem Lehrkörper der Schule gehörten im Berichtsjahre folgende – 15 Herren und 8 Damen an:

Herr Direktor Dr. W. Ruge, wirkt an der Schule seit 1903

Herr Oberlehrer A. Jatho, wirkt an der Schule seit 1906

M. Wilfert, wirkt an der Schule seit 1909

Dr. E. L. Schmidt, wirkt an der Schule seit 1910

Herr Mittelschulehrer R. Stengel, wirkt an der Schule seit 1909

B Profesor normal F. López-Pereyra, wirkt an der Schule seit 1906

Lehrer M. Külling, wirkt an der Schule seit 1885

C. Sennewald, wirkt an der Schule seit 1882

B. Uebe, wirkt an der Schule seit 1885

A. Suhr, wirkt an der Schule seit 1905

Turnlehrer E. Haumann, wirkt an der Schule seit 1910

Zeichenlehrer H. Keller, wirkt an der Schule seit 1912

Lehrer J. Albicker, wirkt an der Schule seit 1911

P. Echevarría, wirkt an der Schule seit 1911

Fräulein Dra. M. Rothkopf, wirkt an der Schule seit 1909

A. Behr, jetzt Frau L. Jaccard, wirkt an der Schule seit 1909

E. Boeter, wirkt an der Schule seit 1913

R. Rütti, wirkt an der Schule seit 1913

Hilfslehrkräfte:

Herr L. Kegel, Chemiker, wirkt an der Schule seit 1903

Frl. H. Ebermann, wirkt an der Schule seit 1909

R. Pizarro, wirkt an der Schule seit 1908

Frau E. Farwig, wirkt an der Schule seit 1909

E. Beutelspacher, wirkt an der Schule seit 1909

Aus dem Lehrerkollegium sind an bemerkenswerten Ereignissen die folgenden zu berichten:

Am 19. August verschied in München infolge eines Schlaganfalls Fräulein Anna Luz im 66. Lebensjahre. Die Verstorbene war in den Jahren 1899 bis 1908 Lehrerin an unserer höheren Mädchenschule tätig. Wegen ihres edlen, selbstlosen Charakters und ihres feinen, taktvollen Wesens war sie bei ihren ehemaligen Kollegen und ihren dankbaren Schülerinnen gleich hoch geschätzt. Die Trauerkunde wurde hier mit allgemeiner Teilnahme aufgenommen. Die Schule wird ihr ein ehrendes Andenken bewahren.

Im Monat September vermählte sich Fräulein Alice Behr mit Herrn L. Jaccard. Sie wird sich mit Schluss des Schuljahres vom Lehramte zurückziehen, um sich ganz den Pflichten ihres Haushaltes und der Führung der Schülerpension zu widmen, die sie von Frau Meier übernommen hat. Die Schule verliert in ihr eine sehr schätzbare Lehrkraft. als ihre Nachfolgerin im Amte wurde Fräulein Luisa Bösenber berufen. Fräulein Elsee Boeter verlobte sich mit Herrn Oberlehrer Dr. E. L. Schmidt und kehrt mit ihm am Ende des Jahres in die deutsche Heimat zurück. Der Schulvorstand dankt den drei scheidenden tüchtigen Lehrkräften für die der Schule geleisteten wertvollen Dienste. Das Lehrerkollegium erleidet durch den Fortgang von Herrn Dr S c h m i d t einen besonders fühlbaren Verlust. Er hat sich während seiner um ein Jahr über den ursprünglichen Kontrakt verlängerten Dienstzeit über die engen Grenzen der Schule hinaus durch die Gründung des Neuen Deutschen Turnvereins, sowie durch die Begründung und Leitung der Zeitschrift für Argentinische Volks- und Landeskunde und in jüngster Zeit durch den hervorragenden Anteil, der ihm an dem Zustandekommen und Gelingen der Jahrhundertfeier gebührt, in weiten Kreisen der deutschen Kolorüe die wärmsten Sympathien erworben.

Für Herrn Dr. Schmidt wurde durch freundliche Vermittlung des Auswärtigen Amtes zu Berlín Herr Oberlehrer Wilhelm Bruckmann und für Fräulein Boeter auf private Empfehlung die Lehrerin Fraulein Felicitas Schlette berufen.

Frl. Luisa Bösenberg, geboren am 21. Juni 1892 zu Buenos Aires, evangelischen Bekenntnisses, besuchte 10 Jahre die Germania-schule. Im Jahre 1908 trat sie als Schülerin in das Königlich Preussische Oberluzeuin zu Droyssig ein, wo sie im Jahre 1912 die Reifeprüfung und 1913 die Prüfung für Lehrerinnen an höheren Mädchenschulen bestand.

Wilhelm Bruckmann, geboren am 28. April 1887 zu Kettwig a. d. Ruhr, evangelischen Bekenntnisses, besuchte das Realgymnasium zu Essen a. d. Ruhr, studierte in Halle und Göttingen deutsche Sprachwissenschaft, Geschichte und Erdkunde und bestand die Staatsprüfung im Jahre 1910. Das Seminar Jahr leistete er am Gymnasium zu Stade und sein Probejahr an der Humboldt-schule zu Linden ab. Sein Militärjahr diente er im Infanterie-Leib-Regiment in München.

Fräulein Felicitas Schlette, geboren am 6. Oktober 1890 zu Buenos Aires, evangelischer Konfession, bestand am 30. Juni 1909 die Prüfung für Lehrerinnen an höheren Mädchenschulen in Strassburg i. E. Sie war dann 2 Jahre an einer höheren Mädchenschule in Strassburg angestellt und ist zur Zeit Hauslehrerin in England.

Am 30. Oktober blickte der Direktor auf eine 10-jährige Tätigkeit an der Schule zurück. Das ist ein unbedeutender Zeitraum in der Geschichte der Anstalt und doch für den Betreffenden ein Abschnitt, wichtig genug, um rückschauend zu prüfen, ob er immer den rechten Weg, den er gesucht, gefunden habe, der Hindernisse zu gedenken, die überwunden werden mussten, und der mannigfachen Gefahren, vor denen ein gütiges Geschick ihn bewahrt hat. Er fühlt voll Dank, dass Segen auf seiner Arbeit geruht hat. Er gedenkt mit aufrichtiger Dankbarkeit der Herren des Schulvorstandes, die ihn bei Ausübung seines Amtes nach Kräften unterstützt haben, und seiner Mitarbeiter, die allezeit treu zu ihm standen in Freud und Leid, und gibt dem Wunsche Ausdruck, möge es auch ferner so bleiben zum Segen unserer gemeinsamen Arbeit!

Seine Majestät der Kaiser und König haben geruht, dem Direktor der Germania-Schule in Ansehung seiner Verdienste um die deutsche Schule den Königlichen Kronenorden 4ter Klasse zu verleihen.

Die Schüler

Die Schülerzahl weist, verglichen mit der des Vorjahres, eine geringe Schwankung auf. Es besuchten im ganzen 432 Kinder, gegen 446 im Vorjahre, unsere Schule. Das Namenverzeichnis derselben befindet sich auf Seite 19 f. Die Schüler verteilten sich auf die einzelnen Klassen wie folgt:

Das sind zusammen 432 Schüler (253 Knaben und 179 Mädchen). Davon waren 60 Freischüler, und 18 Kinder genossen Schulgeld-Ermässigung.

Ueber Staatsangehorigkeit, Muttersprache und Religionsbekenntnis der Schüler gibt die flgde. Zusammenstellung Aufschluss

Staatsangehorigkeit

Reichsdeutsche 68

Deutsch-Argentinier 221

Deutsch-Schweizer 24

Deutsch-Oesterreicher 9

Deutsch-Uruguayer 6

Deutsch-Paraguayer 2

Deutsch-Chilenen 1

Deutsch-Brasilianer 4

Argentinier 77 18

Nordamerikaner 6

Rumänen 5 4

Hollander 3 1

Deutsch-Russen 2

Der Gesundheitszustand der Schüler war im ganzen gut, nur in den letzten Wochen wurden die Vorschulklassen von Keuchhusten heimgesucht. Wir hoffen, dass die kleinen Pa-tienten nach den Ferien alle gesund in die Schule zurück-kehren werden. Leider hatte die Anstalt unter ihren Schülerinnen einen Todesfall zu beklagen. Ernestina Devoto, Schülerin der obersten Mädchenklasse, wurde in der Blüte ihrer 15 Jahre dem Kreise ihrer Geschwister und ihren unglücklichen Eltern durch den Tod entrissen. Eine Trauerfeier in der Aula der Schule, bei welcher der Direktor die Gedächtnisrede hielt und eine Mitschülerin in spanischer Sprache Worte des Abschieds an die entschlafene Schulfreundin richtete, gab der Teilnahme der Schüler und Lehrer einen würdigen Ausdruck.

Der Schlussprüfung, welche unter dem Vorsitz des Kaiserlichen Gesandten als Reichskommissar stattfand, unterzogen sich mit Erfolg folgende Schüler: Friedrich Arregger, Werner Baltzer, Ernst Brandes, Hermann Heine, Eduard Hug, Eduard Müller, Carl Rapp.

Die Aufgaben, welche in der schriftlichenPrüfung bearbeitet wurden, finden sich auf Seite 33 dieses Berichtes verzeichnet.

Der mündlichen Prüfung wohnten auch der Kaiserliche Generalkonsul und der Vorsitzende des Schulvorstandes bei. Das Bestehen der Prüfung verleiht den Schülern die Berechtigung zum einjähríg-freiwilligen Dienst im deutschen Heere.

Die Prüfung für die höheren argentínischen Staatsschulen fand am 3. und 4. Dezember unter dem Vorsitz des Schulinspektors Dr. Manuel j. Corvalán in der Germania-Schule statt. Dieselbe verleiht ihnen das Recht, ohne weiteres Examen in irgend eine höhere argentinische Schule einzutreten. Es unter-zogen sich folgende 11 Schüler mit Erfolg dieser Prüfung: „Bernhard Brandes, Martin Durandeu, Gustav Faag, Emil Jahn, Heinrich Meyer, Hans Müller, Sidney Smith, Carl Teichmann, Herbert Wendorff, Georg Wirth und Carl Zitzkeu.

Über die Schülerwanderungen und die Ferienreise des letzten Jahres geben die Sonderberichte Aufschluss, ausserdem wurden eine Anzahl Lehr-Spaziergänge unternommen.

Wir weisen die Eltern von neuem auf unsere Schüler-Bibliothek hin, sowie auf den vielseitigen Nutzen, den gerade die deutsche Jugend im Auslande aus dem Lesen guter deut-scher Bücher zu ziehen vermag. Aus demselben Grunde hat es sich die Germania-Schule angelegen sein lassen, bei den Jubiläumsfeiern des verflossenen Jahres eine grosse Anzahl guter Bücher unter die Schüler zu verteilen. Wir danken den Verlegern und Privatpersonen, welche uns durch Schenkungen in dem Bestreben, einen veredelnden Einfluss auf die Lektüre unserer Schüler zu gewinnen, unterstützt haben, und wir bitten die Eltern, darauf zu achten, was ihre Sohne und Tochter in ihren freien Stunden lesen.

Schulfeste

Das verflossene Schuljahr bot den Schülern viel-fach willkommenen Anlass, sich nach ernster Arbeit durch frohe Feste zu erheitern. Die von Schülern und Schülerinnen aufgeführten Theaterstücke scheinen auch bei den Erwachsenen sehr beliebt zu sein; denn bei allen grösseren Schulfeiern reichte die geräumige Aula bei weitem nicht aus, um die Menge der Eltern und Verwandten, der Schulfreunde und der ehemaligen Schüler zu fassen. Es würde zu weit führen, wollten wir alle festlichen Veranstaltungen des Jahres ausführlich schildern, wir beschränken uns daher auf – einige kurze Angaben.

Das Schuljahr wurde wie immer durch einen Festakt, bestehend aus einem Eingangs- und Schlussliede und einer Ansprache des Direktors, eingeleitet.

Das argentinische Nationalfest wurde unter reger Beteiligung unserer hiesigen Schulfreunde in Anwesenheit von Vertretern der argentínischen Schulbehörde am 23. Mai gefeiert. Zum ersten Male war die Feier in Rücksicht auf die Knaben, welche am nächsten Morgen ihre mehrtägige Wanderung nach Campana antraten, auf den Nachmittag verlegt worden, was sich gut bewährte. Nach einem einleitenden Musikvorträge ergriff Herr López-Pereyra zu einer spanischen Festrede das Wort, in welcher er die Bedeutung des Tages für die deutsch-argentinische Jugend behandelte. Es wechselten sodann spanische und deutsche Lieder und Deklamationen mit einander ab. Der Tanzreigen der Schülerinnen aus den Vorschulklassen, welche mit ihren Puppen als kleine Mütter die Zuschauer durch ihre kindliche Anmut entzückten, und die kleinen Marinesoldaten, dargestellt von Knaben der Vorschule, ernteten lebhaften Beifall. Den Höhepunkt des Festes bildete das von Frl. Dra. Rothkopf verfasste geschichtliche Festspiel „Rosita“, eine Episode aus der Zeit des Tyrannen Rosas darstellend. Die Knaben und Mädchen der Oberklassen gefielen sich in den farben-prächtigen Gewändern jener Zeit und spielten mit grosser Hingabe. Die eindrucksvolle Feier schloss mit der von allen Anwesenden gesungenen argentinischen Nationalhymne.

Das 25-jährige Regierungsjubiläum unseres Kaisers wurde am Sonnabend, den 14. Juni, in Anwesenheit zahlreicher Eltern festlich begangen. Die Reihenfolge der Vorträge war:

1. Klaviervortrag: Sang an Aegir, Komposition Sr. Majestät des Kaisers, vorgetragen von Luise Nienstedt.

2. Friedrich Rotbart, Geibel, Fritz Boley, ü.

3. Es liegt ein Weiler fern im Grund, Lied mit Klavierbegleitung.

4. Zieten, von Sallet, P. Früchtenicht, VI.

5. Wem Gott will rechte Gunst erweisen, gesungen von allen Schülern.

6. Lied der Deutschen im Auslande, Dahn, E. Friebel, ü.

7. Grüsse an die Heimat, gesungen von allen Schülern

8. Musikvortrag: Klavier und Geige, Elisa und Teresa Schlottmann, M. 1 und 2.

9. Schauturnen: Freiübungen der Vorturnerriege.

10. Michel, horch, der Seewind pfeift! vorgetragen von J. Franz, ü.

11. Das Lied der deutschen Flotte, Weck, F. Bernhard, ü.

12. Es braust ein Ruf wie Donnerhall, gesungen von allen Schülern

13. Vortrag des Primaners Werner Balzer: Das Leben unseres Kaisers.

14. Jubiläumsgedicht, Grete Dellmann, M. 4.

15. Festrede des Direktors.

16. Heil dir im Siegerkranz, gesungen von allen Anwesenden. Zur bleibenden Erinnerung an diesen Tag wurden unter die Schüler 120 Bücher vaterländischen Inhalts und Jugendschriften verteilt, und ausserdem erhielten 4 Schüler für Wohlverhalten und gute Leistungen im Deutschen entweder den ganzen Betrag oder die Hälfte des Reisegeldes für die Schülerwanderung nach Paraguay.

Der 18. Oktober vereinigte Schüler, Lehrer und Eltern in der Aula der Schule zur Erinnerungsfeier an die deutsche Erhebung 1813* Die Reihenfolge der Darbietungen war:

1. Pariser Einzugsmarsch, Lucie Herzog und Rosa Devoto, M. 6.

2. Chorlied: Stimmt an mit hellem, hohen Klang.

3. Festrede des Oberlehrers Herrn Dr. E. Schmidt.

4. Jubel-Ouverture von Weber, Elisa und Teresa Schlottmann, M. 1 und 2.

5. Aus grosser Zeit, Patriotisches Festspiel in 3 Bildern:

1. Bild: Königin Luise, im Jahre 1808. Chorlied: Lützows wilde Jagd.

2. Bild: Aus der Zeit der Völkerschlacht. Chorlied: Was blasen die Trompeten? Deklamation: Die Leipziger Schlacht, Arndt, W. Baltzer und E. Friebel.

3. Bild: Der Berliner Schusterjunge am Tage nach Sedan.

6. Gemeinsames Schlusslied: Die Wacht am Rhein.

Es gelangte auch an diesem Tage eine grössere Anzahl guter Bücher zur Verteilung.

An dem grossen volkstümlichen Koloniefest, das am 19. Okt. zur Erinnerung an die deutsche Erhebung auf dem Platze der Sociedad Rural gefeiert wurde, nahmen unsere Schüler und Schülerinnen begeisterten Anteil. Es gelang unserer Mannschaft, im Eilbotenlauf den heissumstrittenen Wanderpreis für deutsche Schulen zu erringen. Vergl. dazu S. 34 dieses Berichtes.

Am T. November hielt Herr Oberlehrer Dr. Schmidt in der Aula der Schule einen Lichtbilder-Vortrag über die diesjährige Schülerfahrt der Germania-Schule nach Paraguay.

Der Reinertrag des Vortrages floss in die Reisekasse.

Für den 19. Dezember 1913, abends 81/2 Uhr, ist eine Weihnachtsfeier mit folgendem Programm inAussicht genommen:

1. Kindersymphonie von Haydn, ausgeführt von Schülerinnen und Schülern der Anstalt

2. Ansprache des Direktors

3. Chorlied «O du fröhliche, o du selige“

4. Der Wandersmann aus Paraguay, Scherzgedicht, vorgetragen von Herbert Mingramm

5. Die Zwergenpost, Weihnachtsspiel mit Gesang und Tanz in 3 Bildern

1. Bild: Die Zwergenpost im Walde,

Einlage: «Süsser die Glocken nie klingen», Lied mit Klavierbegleitung;

2. Bild: Auf dem Zwergenpostamt, Einlage: «Am Weihnachtsbaum die Lichter brennen»

3. Bild: Weihnachten im Walde

6. Gemeinsames Schlusslied: «Stille Nacht, heilige Nacht»

Mitteilungen an die Eltern

Anmeldungen neuer Schüler werden vom 1. bis 16. Februar 1914 täglich von 8 bis 11 Uhr im Direktor-Zimmer der Germania-Schule entgegengenommen. Geburts- und Impfschein sind vorzulegen.

Der Schluss der Anmeldungen und der Beginn des Unterrichts sind auf Montag, den 16. Februar, morgens 9 Uhr, fest-gesetzt worden. Bei der Anmeldung ist das Schulgeld für einen Monat als Aufnahmegebühr zu entrichten. Der Schulvorstand wird sich erlauben, wie in den vergangenen Jahren, das Schulgeld für den Monat Januar in der Wohnung der Eltern durch den Kassenboten erheben zu lassen.

Das Schulgeld beträgt monatlich in der Elementarschule, 6. und 5. Klasse $ 5, 4. und 3. Klasse

$ 6 und 2. und 1. Klasse $ 7, in der Vorschule, IX. $ 9, X. $ 12 und XI. $ 15; in der Realschule, VI. $ 18, V. $ 22, IV. $ 25 und III.—I. $30; in der höheren Mädchenschule, 6. und 5. Klasse $ 18, 4. und 3. Klasse $ 20 und 2. und 1 Klasse $ 25.

In der Elementarschule finden Gesuche unbemittelter Eltern um Ermässigung oder Erlass des Schulgeldes die weitgehendste Berücksichtigung; auch in der Realschule sind für gut begabte, fleissige Kinder unbemittelter Eltern Freistellen vorgesehen.

Befreiung vom Unterricht

Der Unterricht im Turnen und Singen ist für alle Kinder verbindlich. Befreiung vom Turnunterricht wird vom Direktor nur auf Grund einer ärztlichen Bescheinigung erteilt, in der Regel nur auf die Dauer eines Jahres. Von der Teilnahme am Gesang kann der Direktor ausser auf Grund einer ärztlichen Bescheinigung auch dann entbinden, wenn der Mangel der Befähigung zum Singen von dem Gesanglehrer festgestellt worden ist.

Versäumnisse

Die Schule verlangt von ihren Schülern den regelmässigen und pünktlichen Besuch aller vorgeschriebenen Unterrichtsstunden, sowie der Schulfeierlichkeiten und sonstigen Veranstaltungen der Schule. Jede Versäumnis ist schriftlich zu entschuldigen.

Bei ansteckenden Krankheiten in der Familie oder Pension eines Schülers ist er vom Schulbesuch fernzuhalten. Schüler, welche selbst von ansteckenden Krankheiten befallen werden, insbesondere von Pocken, Ruhr, Masern, Röteln, Scharlach, Diphtheritis, Unterleibstyphus, ansteckender Augenentzündung, Mumps (Ziegenpeter) und Keuchhusten dürfen erst dann wieder in die Schule zurückkehren, wenn die Gefahr der Ansteckung nach ärztlicher Bescheinigung als beseitigt anzusehen ist. Eltern, welche durch Nichtbeachtung dieser Vorschriften andere Kinder in Ansteckungsgefahr bringen, haben den Ausschluss ihrer Kinder aus der Germania-Schule zu gewärtigen. Bei plötzlich eintretendem Unwohlsein ist die Erlaubnis, nach Hause gehen zu dürfen, von dem gerade unterrichtenden Lehrer zu erbitten.