1931 | 35º Jahresbericht – Deutsche Schulvereinigung


Verwaltung der Goethe- und Germania-Schule und mit dem Deutschen Schulverein Buenos Aires (Cangallo-Schule) die Verwaltung des Colegio Aleman Burmeister mit dem Liceo de Señoritas. 

Vereinsbericht

Der Vorstand der Deutschen Schulvereinigung erstattet hiermit seinen Mitgliedern Bericht über das abgelaufene 35. Geschäftsjahr.

General-Versammlung

Die ordentliche General-Versammlung, in welcher der Jahresbericht für das Jahr 1930 vorgelegt wurde, fand am 30. März 1931 statt und genehmigte den Jahresabschluss ohne Diskussion. Alsdann wurde der neue Vorstand gewählt.

Vorstand

Mit dem Ende des abgelaufenen Geschäftsjahres beendigten die Herren A. Andersen, R. Armbrecht, C. Durlach, P. Eichholz, H. Heinlein, Dr. C. Riedel und R. W. Staudt ihre Amtsperiode. Sämtliche Herren wurden wiedergewählt.

Der Vorstand setzte sich während des Berichtsjahres folgendermaßen zusammen:

1. Vorsitzender Herr L. Koennecke

2. Vorsitzender Herr Dr. C. Riedel

1. Schriftführer Herr C. Durlach

2. Schriftführer H. Neiling

1. Kassenwart Herr H. Andersen (Goetheschule)

2. Kassenwart Herr P. Eichholz (Germaniaschule)

(später ersetzt durch Herrn E. Degenhardt)

Beisitzer Herren R. Armbrecht, E. Degenhardt, L. Freude, H. Heinlein, H. Kammann, M. Kinbaum, Fr. W. Schlottmann, R. W. Staudt

Am Schlusse des abgelaufenen Geschäftsjahres scheiden satzungsgemäß aus dem Vorstand aus:

Herren Leo Koennecke, H. Neiling, E. Degenhardt, L. Freude, H. Kammann, M. Kinbaum, Fr. W. Schlottmann

Die Herren R. Armbrecht, Dr. C. Riedel wünschen ihre Ämter niederzulegen, sodass auch für diese Herren Ersatzwahlen stattfinden müssen.Mitglieder.

Unsere Schulvereinigung zählte im abgelaufenen Geschäftsjahre 414 Mitglieder gegen 433 im Jahre 1930, was eine Verminderung von 19 Mitgliedern bedeutet.

Das Namensverzeichnis der Mitglieder befindet sich am Ende des vorliegenden Berichtes abgedruckt und ist diesmal durch Sternchen gekennzeichnet nach Zugehörigkeit zur Goethe-Schule bzw. Germania- Schule.

Die mit Sternchen Versehenen sind Mitglieder des neuen Schulvereins Germania und scheiden mit dem 31. Dezember 1931 als Mitglieder unserer Schulvereinigung aus, gemäß den Bestimmungen des Artikels 13 des mit der Comisión Pro-Sostenimiento de la Germania-Schule geschlossenen Vertrages.

Schulbetrieb

Der Deutschen Schulvereinigung unterstand wie im Vorjahre die Verwaltung der Goethe- und Germania-Schule und ferner gemeinsam mit dem Deutschen Schulverein Buenos Aires (Cangallo-Schule) die Verwaltung des Colegio Aleman Burmeister mit dem Liceo de Señoritas. Die Vertretung der Deutschen Schulvereinigung in dem Verwaltungsrat des Colegio Incorporado Burmeister wurde von den Herren L. Koennecke, R. W. Staudt (vorübergehend vertreten durch Herrn P. Eichholz) und E. Degenhardt ausgeübt. Über die Entwicklung des Colegio Burmeister und über seine Arbeit und Ziele gibt der diesem Jahresbericht beigefügte Sonderbericht genaue Aufklärung. Es braucht deshalb an dieser Stelle nicht auf Einzelheiten eingegangen werden, sondern es sei nur festgestellt, dass im 2. Jahr des Bestehens der Burmeister-Schule eine erfreuliche Aufwärtsentwicklung zu verzeichnen gewesen ist, welche den bei der Begründung gehegten Erwartungen durchaus entspricht und den Beweis erbringt, dass gerade diese Schule ein Bedürfnis für das hier ansässige Deutschtum ist.

Insgesamt wurden in den der Deutschen Schulvereinigung angehörigen bzw. von ihr verwalteten Anstalten 965 Schüler und Schülerinnen unterrichtet.

Schulleitung

In der Leitung der Goethe-Schule trat im Laufe des Jahres insofern eine Änderung ein, als Herr Prof. Dr. Keiper vom 1. September ab sechs Monate beurlaubt wurde, um in Diensten des Deutschen Reiches eine wichtige Aufgabe, nämlich das Studium des gesamten deutschen Schulwesens in Argentinien zu übernehmen. In der Zwischenzeit wurde die Vertretung von Herrn Prof. Dr. Keiper durch Herrn Dr. M. Vaillant ausgeübt. Zur Zeit schweben Verhandlungen betreffend eines Verlängerung des Urlaubs von Herrn Prof. Keiper zwecks Beendigung der übernommenen Aufgabe.

Trennung von der Germania-Schule

Die im Jahre 1926 vorgenommene Verschmelzung der beiden Schulvereine der Belgrano- und Germania-Schule wurde in der zweiten Hälfte des Berichtsjahres wieder aufgelöst. Die Entwicklung dieses Ereignisses dürfte noch allseits in frischer Erinnerung sein, sodass auf eine Wiederholung an dieser Stelle verzichtet werden kann. Es sollen nur einige wichtige Punkte hier festgehalten werden, die im Rahmen dieses Jahresberichtes nicht übergangen werden dürfen.

Bei Schulanfang zeigte die Schülerzahl der Germania-Schule eine auffallende Verminderung. Dieselbe war von 253 auf 198 zurückgegangen, ohne dass eine befriedigende Erklärung für diesen Rückgang gefunden werden konnte, zumal durch kostspielige Verbesserungen der Inneneinrichtungen und vollständige Instandsetzung des Gebäudes einerseits, sowie durch den Anschluss des Colegio Incorporado andererseits eher eine Erhöhung als eine Verminderung der Schülerzahl erwartet worden war. Der Vorstand wurde durch diese unerwartete Entwicklung in große Sorge versetzt und sah voraus, dass der zu erwartende Fehlbetrag für die Deutsche Schulvereinigung nicht mehr tragbar sein würde, besonders wo die allgemeine Finanzlage des Schulvereins mit den Jahren immer kritischer geworden und die finanziellen Hilfsquellen erschöpft waren. Für den Rückgang der Schülerzahl fand der Vorstand nur die Erklärung, dass für zwei deutsche Schulen im Zentrum der Hauptstadt wenige Quader von einander entfernt, kein Bedürfnis mehr vorhanden sei, und dass unter der Abwanderung der deutschen Familien nach den Vororten besonders die Germania-Schule immer mehr leiden würde. Infolgedessen wurde nach reiflicher Überlegung und schweren Herzens im Vorstand der Beschluss gefasst, die Germania-Schule aufzulösen.

Dieser Beschluss wurde einer Generalversammlung am 12. August vorgelegt, welche jedoch ohne endgültige Abstimmung abgebrochen wurde. Von Seiten der interessierten Elternschaft, der ehemaligen Schüler der Germania-Schule und der vielen Freunde dieser unserer ältesten deutschen Schule in Südamerika, wurde alsdann eine Bewegung ins Leben gerufen, welche sich die Erhaltung der Germania- Schule zum Ziele setzte. Der Erfolg dieser mit großer Begeisterung durchgeführten Bewegung war die Gründung eines neuen Schulvereins unter dem Namen Deutscher Schulverein Germania, welcher sich der schwierigen Aufgabe unterziehen will, die Germania-Schule zu erhalten und zu neuem Leben zu erwecken. Mit diesem neuen Schulverein, bezw. dessen Vorgängerin „La Comision Pro-Sostenimiento de la Germania-Schule” wurde seitens der Deutschen Schulvereinigung ein Vertrag geschlossen, demzufolge die Germania-Schule mit dem 1. Januar von uns an den genannten Verein übergeben wurde. Die Genehmigung des betreffenden Vertrages ist zusammen mit der Anerkennung unseres heutigen Berichtes Gegenstand unserer diesjährigen General-Versammlung.

Somit ist eine Verbindung unter zwei deutschen Schulen aufgelöst worden, welche anfänglich zu großen Hoffnungen berechtigte, die sich jedoch leider nicht zum Segen weder des einen noch des anderen Teiles ausgewirkt hat. Der Deutschen Schulvereinigung ist die gefundene Lösung, welche ihr die Verantwortung für den Fortbestand der Germania-Schule abnimmt, durchaus willkommen, und sie wünscht dem neuen Schulverein in seinen Bestrebungen vollen Erfolg.

Umfrage bei den Eltern der Goethe-Schule

Durch die oben geschilderte Entwicklung einerseits und infolge des Umstandes, dass im Laufe der letzten Jahre durch Erwerb des Grundstückes in der Calle Obligado und den Bau eines Wohnhauses für den Hausmeister der Goethe-Schule den laufenden Mitteln unseres Vereins größere Summen entzogen werden, welche als Kapital-Investierungen anzusprechen sind, war die Finanzlage des Vereins immer bedrängter geworden, sodass wir vorübergehend gewissen Verpflichtungen nicht nachkommen konnten, trotzdem hohe Bankkredite in Anspruch genommen waren, welche uns von den beiden deutschen Banken, in Sonderheit vom Banco Alemán Transatlantico in großzügiger Weise zur Verfügung gestellt worden waren.

Um der Bedrängnis des Augenblickes Herr zu werden, rief der Vorstand die Eltern der Goethe-Schule zu einer Versammlung zusammen und erstattete Bericht über die Finanzlage und die Forderungen des Augenblickes und schlug als Lösung vor, eine Umlage bei sämtlichen Eltern zu erheben, als dem am meisten interessierten Kreise. Die Versammlung fand am 9. November statt, und der Vorschlag des Vorstandes wurde angenommen. Infolgedessen erging an alle Eltern die Bitte, sich an dieser Umlage, welche die Schule in geordnete Verhältnisse zurückführen sollte, zu beteiligen. Bis heute haben 117 Eltern dieser Aufforderung entsprochen mit einem Gesamtbetrage von $ 16.410.—, von welcher Summe bis Ende des Geschäftsjahres $ 11.535.— eingezahlt worden waren. Allen Spendern sei hiermit nochmals unser wärmster Dank für die Hilfeleistung ausgesprochen. Der bisher gezeichnete Betrag ist uns zwar eine große Hilfe, indem er es uns ermöglicht hat, den dringendsten Verpflichtungen nachzukommen, doch müssen, um unsere Finanzen wirklich zu sanieren, sich auch die noch abseitsstehenden Eltern an der Sammlung beteiligen. Es ergeht deshalb an alle diejenigen, welche sich bis jetzt nicht zu einer Zeichnung entschließen konnten, die dringende Bitte, dieses noch nachzuholen. Wir halten es für eine moralische Pflicht eines jeden Hauses, welches dazu in der Lage ist, an der Umlage teilzunehmen, einmal, um die Lage der Schule zu erleichtern und ferner aus Billigkeitsgründen den bisherigen Zeichnern gegenüber.

Finanzlage

Im übrigen sind die Finanzen unserer Schulvereinigung aus den nachstehenden Bilanzen und Gewinn- und Verlustkonten in allen Einzelheiten ersichtlich.

Die Goethe-Schule hat auch in diesem Jahre wiederum im Schulbetrieb mit einem buchmäßigen Überschuss abgeschlossen, der für Abschreibungen und Rückstellungen verwendet worden ist.

Die Germania-Schule weist bei gleicher Aufmachung der Bilanz wie im Vorjahre für dieses Jahr einen Verlust von $ 19.460.34 auf. Durch nachträgliche Übernahme der Zuschüsse an das Colegio Incorporado für die Jahre 1930 und 1931 seitens der Goethe-Schule gemäß dem geschlossenen Vertrage, ermäßigt sich dieser Verlust in diesem Jahre auf $ 7.660.34.

Das Colegio Incorporado hat mit $ 5.800.— einen um eine Kleinigkeit geringeren Zuschuss erfordert, als im vorigen Jahr. Für das neue Schuljahr sind die Aussichten entschieden günstiger, besonders wenn die Schülerzahl, wie mit Recht erwartet werden darf, eine Zunahme aufweisen wird.

Schulbesuch und Schulgeld

Die Schülerzahl der Goethe-Schule entwickelte sich günstig, während der Besuch der Germania-Schule zu wünschen übrig ließ. (Statistische Übersichten s. S. 25 und 46.)

Die schlechte Wirtschaftslage drückte sich in der vermehrten Zahl der Gesuche um Schulgeldermäßigung oder -Erlaß aus. Beide Schulen gingen in der Gewährung von Schulgeldnachlaß bis an die Grenze des Möglichen. Es waren an der Goethe-Schule 81 Schüler, an der Germania-Schule 66 Schüler, die ein geringeres Schulgeld zahlten oder ganz schulgeldfrei waren, d. h. an der Goethe-Schule etwa ein Fünftel, an der Germania-Schule ein Drittel. Es muss allerdings betont werden, dass solche Vergünstigungen nur begabten und fleißigen Schülern gewährt werden können. — Ein weiterer bedeutender Ausfall an Schulgeldern entstand durch die vielfach notwendige Stundung von Schulgeldern.

Lehrkörper

Die Schulberichte der Goethe- und Germania-Schule geben über den Wechsel im Lehrkörper beider Anstalten die näheren Angaben. Ersatz für die ausscheidenden Lehrkräfte wurde rechtzeitig beschafft.

Der Vorstand spricht den Schulleitungen und den Lehrerkollegien beider Anstalten für die erfolgreiche Arbeit, die sie im Berichtsjahre geleistet haben, seine Anerkennung und seinen Dank aus. Ebenso danken wir herzlich Herrn Dr. J. Brinckmann, der uns in allen Gesundheitsfragen mit Rat und Tat zur Seite stand, und Herrn Dr. Hinze, der in dankenswerter Weise die zahnärztliche Untersuchung der Schüler an der Goethe-Schule übernahm.

Lehrmittel und Anschaffungen

Für beide Anstalten hatte der Vorstand größere Summen zur Vervollständigung der Lehrmittel und des Klassenmobiliars bewilligt. Die Industrie- und Handelskammer in Berlin, die uns nun schon seit Jahren in freigebigster Weise unterstützt, hat die Goethe-Schule durch das Geschenk eines Flügels erfreut, wofür ihr unser herzlichster Dank ausgesprochen sei. Eine besondere Freude in den ersten Tagen des Goethejahres 1932 war die Schenkung einer Goethe-Büste durch Herrn R. W- Staudt. Der Dank der ganzen Goetheschulgemeinde ist ihm gewiss.Schulgebäude und Grundstücke.

Wie üblich, wurden in beiden Anstalten das Schulgebäude und seine Einrichtungen ausgebessert und erneuert.

Schulfestlichkeiten

Ein großes Schulfest fand dieses Jahr nur in der Goethe-Schule statt. Es wurde wie in den letzten Jahren als ein Familienfest der Schulgemeinde Belgrano abgehalten und hatte dank der überaus eifrigen Mitarbeit von Lehren und Schülern trotz der schlechten Wirtschaftslage einen recht befriedigenden Erfolg. Näheres darüber in der Finanzübersicht und im Schulbericht.

Aussichten für das neue Schuljahr

Bei der herrschenden starken wirtschaftlichen Depression sind die Aussichten für das neue Schuljahr leider keine guten. Schon heute liegen eine große Anzahl Anträge auf Ermäßigung der Schulgelder und Freistellen vor. Hierzu kommt, dass durch die Gründung neuer Schulen in den Vororten der Zufluss von Schülern von außerhalb nicht in dem Maße stattfinden wird, wie bisher, sodass wir mit einem Rückgang der Schülerzahl rechnen müssen.

Die in Vicente Lopez gegründete neue deutsche Schule ist inzwischen von der Germania-Schule übernommen worden, womit sich dieselbe den Nachwuchs aus dieser Gegend sichert, was einer künstlichen Ableitung dieses Nachwuchses aus dem natürlichen Einflussgebiet der beiden deutschen Schulen in Belgrano gleichkommt. So begreiflich dieser Schritt seitens der Germania-Schule auch sein mag, so wäre es doch im höchsten Grade zu bedauern, wenn derselbe ein Wiederaufleben des Wettbewerbs unter den einzelnen Schulen im Gefolge hätte, welchen Zustand man bereits überwunden glaubte und gegen den gerade unser Schulverein in den letzten Jahren so erfolgreich angegangen ist. Nach unserer Auffassung sollte jede der 5 großen deutschen Schulen in der Bundeshauptstadt sich darauf beschränken, in näheren Verkehr mit denjenigen Vorortschulen in treten, welche an der ihr nächstgelegenen Eisenbahnlinie liegen.

Durch obige Entwicklung veranlasst, haben wir eine sich uns bietende Gelegenheit, ebenfalls einen Stützpunkt in den Vororten zu erwerben, wahrgenommen, und uns durch einen Vertrag mit Herrn Qualitz Einfluss auf dessen in Olivos gegründetes Pädagogium gesichert.

Der Vorstand der Deutschen Schulvereinigung.

L. Koennecke, 1. Vorsitzender. — Dr. C. Riedel, 2. Vorsitzender. — C. Durlach, 1. Schriftführer. — H. Nei- ling, 2. Schriftführer. — H. Andersen, 1. Kassenwart. — E. Degenhardt, 2. Kassenwart. — R. Armbrecht. — L. Freude. — H. Heinlein. — H. Kammann. — M. Kinbaum. — Fr. W. Schlottmann. — R. W. Staudt.

Schulbericht über die Goetheschule

Schulbetrieb

Lehrplan und Unterricht

Der diesjährige Bericht über den Unterrichtsbetrieb an der Goetheschule darf die Tatsache feststellen, dass die Schule im Rahmen ihres Lehrplans in ruhiger Entwicklung ihre Aufgabe erfüllte.

Entscheidende Änderungen im Lehrverfahren wurden nicht notwendig, kleine Verbesserungen ergaben sich aus dem Tagesbetrieb.

Hierzu gehörte die genauere Regelung des Verfahrens bei den schriftlichen Arbeiten der Schüler, besonders den Hausarbeiten. Auf Anregungen aus dem Elternkreise und auf Wunsch des Vorstandes, wurden vom Lehrerkollegium darüber Bestimmungen, die in Zukunft als Richtschnur zu gelten haben, erlassen. Der Wortlaut ist unter Mitteilungen an die Eltern auf Seite 37 abgedruckt.

Diese Bestimmungen waren in Wirklichkeit nicht neu, sie stellten vielmehr das Verfahren dar, das an der Goethe-Schule bis dahin im allgemeinen üblich war, nur dass sie nunmehr in eine festere und für alle Lehrer verbindlichere Form gebracht wurden. Sie sind absichtlich so gefasst worden, dass sie nicht als starre Normen den Lehrer beengen, sondern ihm bei der notwendigen Gleichmäßigkeit der Handhabung die persönliche Freiheit lassen, deren er bedarf.

Gegen Ende des Schuljahres wurde in wiederholten Sitzungen des Vorstandes und der Unterrichtskommission eine Frage behandelt, die im Laufe der letzten Jahre, vor allem aber seit dem Bestehen des Colegio Incorporado Burmeister dringlich geworden war. Sie betrifft den sprachlichen Unterricht, in erster Linie den spanischen.

Die Goethe-Schule ist sich bewusst, dass sie ihre Aufgabe als deutsche Auslandschule nur dann richtig erfüllt, wenn sie der spanischen Sprache als der Muttersprache vieler ihrer Schüler und als dem wichtigsten Unterrichtsfach neben dem Deutschen einen möglichst breiten Raum gewährt. Bis dahin hat sie in Anlehnung an die deutschen Lehrpläne der spanischen Sprache die Stellung als sogenannte erste Fremdsprache zugewiesen. Als zweite Fremdsprache galt das Englische und als dritte das Französische, an dem die Teilnahme den Schülern freistand.

Von jeher ist die unterrichtliche Behandlung von vier Sprachen, wenn sie mit der nötigen Gründlichkeit betrieben werden soll, der Schule als eine schwere Belastung erschienen. In gleichstehenden deutschen Schulen in der Heimat werden stets nur drei Sprachen betrieben. Die Hinzufügung der vierten brachte nicht nur eine Vermehrung der wöchentlichen Stundenzahl und der Schularbeiten mit sich, sondern wirkte auch auf den Betrieb der nicht sprachlichen Fächer ein, die auf das Mindestmaß ihrer Anforderungen beschränkt werden mussten.

Es war daher seit langem schon der Wunsch der Schulleitung, die vierte Fremdsprache, also das Französische, ganz aus dem Lehrplan zu streichen oder ihr doch eine bescheidenere Rolle zuzuweisen und damit den Unterricht für die übrigen Fächer freier zu machen. Auch im Vorstand wurde diese Frage wiederholt erwogen. Man konnte sich jedoch nicht zu einer ganzen Beseitigung des Französischen entschliessen, weil die argentinischen höheren Schulen diese Sprache lehren und weil man bei seiner Aufhebung den Schülern, die zu dieser übergehen wollten, diesen Übergang erschwert hätte.

Nun ist aber in den letzten Jahren der Wunsch der Eltern immer dringender geworden, den spanischen Unterricht zu erweitern und zu vertiefen, und dieser Wunsch muss als vollberechtigt anerkannt werden. Die Schüler, die die Goethe-Schule auf irgend einer Stufe verlassen, müssen unbedingt im Spanischen soweit gefördert werden, dass sie die bestmöglichen Kenntnisse im Spanischen in das Berufsleben mitnehmen, natürlich entsprechend ihrem Alter und der Klassenstufe. Vor allem anderen sollen sie aber nicht nur in Literatur, Grammatik gut geschult sein, sondern in der freien Beherrschung in Wort und Schrift und in der Anwendung für das praktische Leben.

Diesem Wunsche soll nun im nächsten Jahre Rechnung getragen werden.

Die Unterrichtsstunden im Spanischen werden in der Quarta und Untertertia (4. und 3. Mädchenklasse) acht Stunden wöchentlich betragen, von da ab bis Oberprima sieben Stunden wöchentlich, d. h. sie sind in den oberen Klassen fast auf das Doppelte vermehrt worden.

Diese Vermehrung soll nicht bloß der wissenschaftlichen Erfassung des Spanischen zugute kommen, sondern in erster Linie seiner praktischen Anwendung. Von den sieben Stunden der oberen Klassen werden vier auf den eigentlichen Sprachunterricht, eine Stunde auf argentinische Kulturkunde (Geschichte, Erdkunde, Bürgerkunde) verwandt werden, während die übrigen beiden Stufen der Vorbereitung für das praktische Leben dienen werden. Es sollen in diesen Stunden Fragen des täglichen Lebens behandelt, die mündliche Ausdrucksfähigkeit und der Briefstil sollen besonders gepflegt werden. Außerdem werden die nötigen Kenntnisse in Handelskorrespondenz und in allem, was das kaufmännische und praktische Leben angeht, vermittelt werden und zwar unter Leitung eines geeigneten Fachlehrers. Es wird also jeder, der sich einem freien Berufe hierzulande widmen will, sei es als Landwirt, Kaufmann usw., im spanischen Sprachunterricht alles das finden, was die Schule für den künftigen Beruf überhaupt leisten kann. Damit hofft die Schule zugleich ihrer Aufgabe und den Wünschen der Eltern gerecht zu werden.

Die französische Sprache soll auch jetzt nicht ganz aus dem Lehrplan der Goethe-Schule verschwinden, aber sie wird nunmehr den Rang eines wahlfreien Unterrichts wirklich erhalten: sie wird nicht mehr im Vormittagsstundenplan unterrichtet werden, sondern in Nachmittagsstunden für alle, die noch Interesse haben, diese Sprache zu erlernen. Für die Versetzung wird das Französische danach nicht mehr mitbestimmend sein, aber gerade der freiere Betrieb dieses Faches wird den Schülern, die freiwillig daran teilnehmen, vielleicht ein besonderer Ansporn sein.

Im Zusammenhang damit sei noch einmal auf die eigentümliche Aufgabe und die besondere Stellung hingewiesen, die unsere Schule im Rahmen des deutschen Schulwesens von Buenos Aires und Umgegend zukommt, gerade jetzt, wo sich dessen Organisation und Aufbau zu klären beginnt.

Die Verhältnisse haben dahin geführt, dass den deutschen Eltern, die ihre Kinder über die Volksschulbildung hinaus zu einer höheren Schule und durch diese unter Umständen zur Universität führen wollen, jetzt zwei Schulen zur Verfügung stehen, die Goethe-Schule und das Colegio Incorporado Burmeister, erstere für das Studium an deutschen, letztere für das an argentinischen Universitäten. Beide Arten von Schulen sind, wie immer mehr anerkannt wird, ein Bedürfnis für die heranwachsende Jugend der deutschen Kolonie.

Die Ziele des Colegio Incorporado Burmeister sind dadurch klar vorgezeichnet, das sie zum „bachillerato”, d. h. zur Abschlussprüfung der argentinischen höheren Lehranstalten und damit eben zur Zulassung zum Universitätsstudium führen, die freilich noch von dem Bestehen einer Aufnahmeprüfung abhängig ist, deren Bedingung jede Fakultät festsetzt. Da die Anstalt vorzugsweise von deutsch-sprechenden Kindern besucht wird, ist neben den Fächern des argentinischen Lehrplans auch dem deutschen Unterricht eine wichtige Aufgabe zugewiesen. Die Goethe-Schule andererseits, die das Deutsche in den Mittelpunkt ihres Unterrichts stellt, darf daneben nicht die Pflege der spanischen Sprache und Kultur vernachlässigen.

Es ist nun vielfach bei den Eltern die Ansicht vertreten, dass der Besuch des Oberbaues der Goethe-Schule, d. h. der Knaben-Klassen von Obertertia bis Oberprima und der ersten und zweiten Mädchenklasse, außer dem Wert für die Allgemein-Bildung keinen praktischen Zweck für solche Schüler hätte, die ins hiesige Berufsleben oder an die Universität übergehen wollen. Demgegenüber muss betont werden, dass die Ausbildung in den oberen Klassen oder Goethe-Schule durchaus und zwar sehr wichtige praktische Ziele verfolgt. Sie gibt ihren Zöglingen neben mathematisch-naturwissenschaftlicher Ausbildung in erster Linie eine tüchtige Grundlage für neuere Sprachen, die für alle sogenannten freien, d. h. nicht akademischen Berufe von größtem Wert ist.

Wer also nicht unbedingt entschlossen ist, seinen Sohn oder seine Tochter an einer argentinischen Universität studieren zu lassen, braucht die Entscheidung noch nicht zu treffen, wenn diese das Examen General de Enseñanza Primaria, d. h. die Abschlussprüfung der Volksschule mit Untertertia oder der 3. Klasse abgelegt haben, er kann sie ohne Bedenken noch 2 Jahre in der Goethe-Schule belassen, um sich dann zu entscheiden, ob sie die drei oberen Klassen noch besuchen wollen.

Selbst ein Übergang an die Colegios und Liceos nach Abschluss der Untersekunda und der 1. Mädchenklasse ist immer noch ohne Zeitverlust möglich, wenn sich die Kinder neben dem Unterricht an der Schule noch mit der Vorbereitung für die Prüfungen an argentinischen höheren Schulen als „alumnos libres” befassen. Die Prüfungen für die ersten beiden Jahre dieser Anstalten sind bekanntlich nicht so schwer, als dass sie nicht bei genügendem Fleiß nebenbei abgelegt werden können. Begabte Schüler der Goethe-Schule haben das früher und auch jetzt mit gutem Erfolg erreicht, ohne dass ihre Ausbildung an der Schule oder ihre Gesundheit darunter gelitten hätten. Der Vorteil, den sie dadurch genießen, ist vor allen Dingen der einer gediegenen Ausbildung in den neueren Sprachen neben Deutsch und Spanisch, also im Englischen und Französischen; denn die Goethe-Schule kann sich diesen Fächern mit größerer Freiheit und stärkerer Intensität widmen, da sie nicht durch die Bestimmungen des argentinischen Lehrplans eingeengt ist.

Es erscheint der Schule von Wert, die Eltern auf diese Möglichkeit, die Entscheidung auf ein späteres Alter zu verlegen, auch an dieser Stelle hinzuweisen. Die Kinder werden sich dann klarer darüber sein, ob ihre Begabung und Neigung sie auf das Universitätsstudium hinweist, als wenn sie diesen Entschluss schon nach Ablauf des 7. Schuljahres (Untertertia und 3. Klasse) fassen müssen. Ist der Schritt eines Überganges an andere höhere Schulen einmal geschehen, so ist er nur mit größten Anstrengungen an Fleiß und Arbeit wieder rückgängig zu machen.

Wahlfreie Fächer und Schülerkurse

Gemeinschaftsarbeit

Sprachkurse: Schüler, die der deutschen oder der spanischen Sprache nicht mächtig waren, wurden in Sonderkursen zu je 2 Wochenstunden gefördert. Den spanischen Lehrgang leitete Frau Berninger; die deutschen Lehrgänge lagen in Händen von Herrn Dr. Rohmeder und Herrn Kudrass. Es nahmen im ganzen 28 Schüler und Schülerinnen an den Kursen teil.

Den Werkunterricht für Knaben leitete wie in früheren Jahren Herr Hornemann. Der Unterricht erfreute sich starken Zuspruchs. Insgesamt nahmen 44 Schüler teil. Fräulein von Zehmen erteilte wiederum mit schönem Erfolg Werkunterricht an Mädchen (Holz-, Leder-, Metallarbeiten).

Den Schießunterricht gab wieder Herr Hauptmann Rafael Solano. Unsere Schüler erhielten ihre Ausbildung zusammen mit Schülern des Colegio Incorporado Burmeister. Insgesamt 13 Teilnehmer.

Spielnachmittage: Die volkstümlichen Übungen und Spiele für Knaben und Mädchen wurden während des Winters wieder auf dem Spielplatz des Club Atletico Obras Sanitarias de la Nacion abgehalten. In den Sommermonaten wurde das Schwimmbad desselben Vereins eifrig benutzt. Teilnehmer etwa 60 Knaben und 20 Mädchen.

Rhythmische Übungen wurden von der Turnlehrerin Frau Meyer in verschiedenen Kursen abgehalten.Schulbericht über die Germaniaschule

Schulbetrieb und Unterricht.

In dem Unterrichtsbetrieb der Germania-Schule haben sich im abgelaufenen Jahr keine wesentlichen Änderungen gegenüber dem Vorjahre gezeigt. Die Einteilung der verschiedenen Klassen in A- und B-Abteilungen im deutschen Unterricht wurde allgemein durchgeführt, sodass diejenigen Kinder, die von Haus aus Deutsch sprechen, in ihrer Muttersprache schneller gefördert werden konnten, während sich die Kinder, die das Deutsche wenig oder gar nicht beherrschen, langsam in das Studium der neuen Sprache vertiefen konnten. Auch in Untertertia, in welcher bisher die Knaben und Mädchen getrennt Unterricht erhielten, wurde das A-B-System im Deutschen durchgeführt, während in allen anderen Fächern Mädchen und Knaben zusammen unterrichtet wurden.

Es ist zu erwarten, dass diejenigen Schüler, die mit der bestandenen Abschlussprüfung des 6. Grades die Elementarschule verlassen, ihr Studium, soweit sie eine höhere Laufbahn verfolgen, im deutschen Nationalkolleg „Burmeister” bezw. im Lyzeum fortsetzen, die beide im Gebäude der Germania-Schule untergebracht sind, sodass ein Übergang von der Germania-Schule in diese beiden höheren Lehranstalten ohne weitere Förmlichkeiten möglich ist. Die Eltern haben dann die Gewissheit, dass bei ihren Kindern das wertvolle Kulturgut der deutschen Sprache bis zur Universitätsreife gepflegt und gefördert wird.