1930 | 34º Jahresbericht – Deutsche Schulvereinigung Goethe-Schule u. Germania-Schule


Deutsche Schulvereinigung 

Vereinsbericht

Der Vorstand der Deutschen Schulvereinigung erstattet hier­mit seinen Mitgliedern Bericht über das abgelaufene 34. Geschäfts­jahr.

Generalversammlung

Die ordentliche Generalversammlung fand am 31. März 1930 statt. In ihr wurde der Jahres- und Rechenschaftsbericht des Vorstandes vorgelegt und einstimmig genehmigt. Darauf wurde der neue Vorstand gewählt.

Vorstand

Nach den Satzungen schieden zu Ende des Geschäftsjahres 1929 folgende Herren des Vorstandes aus: L. Koennecke, Dr. C. E. Niebuhr, H. Bühler, H. Kammann, M. Kinbaum, E. Proske, F. W. Schlottmann, die mit Ausnahme der Herren Dr. C. E. Niebuhr und

Bühler, die eine Wiederwahl ablehnten, wiedergewählt wurden.

Neu hinzugewählt wurden die Herren L. Freude, E. Degen­hardt, H. Neiling und H. Heinlein. Danach setzte sich der Vorstand im Berichtsjahre folgendermassen zusammen:

Vorsitzender: Herr L. Koennecke

Vorsitzender: Herr Dr. C. Riedel

Schriftführer: Herr C. Durlach

Schriftführer: Herr H. Neiling

Kassenwart: Herr H. Andersen (Belgr. -Sch.)

Kassenwart: Herr R. Armbrecht (Germ. -Sch.)

Beisitzer: Herren E. Degenhardt, P. Eichholz, L. Freude, H. Heinlein, H. Kammann, M. Kinbaum, F. W. Schlottmann, R. W. Staudt

Am Schlüsse des gegenwärtigen Geschäftsjahres scheiden satzungsgemäß folgende Herren aus dem Vorstand aus:

Herr H. Andersen

Herr R. Armbrecht

Herr C. Durlach

Herr P. Eichholz

Herr H. Heinlein

Herr Dr. C. Riedel R. W. Staudt

Da Herr Koennecke Anfang August nach Deutschland reiste, führte Herr Dr. Riedel die Geschäfte des Vorstandes bis zum Schluss des Berichtsjahres.

Mitglieder

Das Namensverzeichnis der Deutschen Schulvereinigung auf Seite 9 des Jahresberichts ergibt eine Mitgliederzahl von 433 gegen 495 des vorigen Jahres. Es ist also eine Verminderung um 62 Mitglieder zu verzeichnen.

Der Vorstand richtet daher die dringende Bitte an alle Eltern unserer Schulkinder, sowie an alle, die an dem Fortschritt unserer Schulen anteilnehmen, der Schulvereinigung als Mitglieder bei­zutreten. Gerade in jetziger Zeit muss diese Bitte als eine besonders dringende ausgesprochen werden. Unsere Schulen können sich nur dann gut entwickeln, wenn sie mit der regsten Anteilnahme der Eltern und der Freunde der Schulen rechnen können. Die Erwer­bung der Mitgliedschaft ist daher eine ernste Pflicht aller an der Schule Beteiligten. Wir bitten, das Formular, das jedes Mal bei Schüleranmeldungen beigegeben wird, freundlichst zu benutzen.

Schulbetrieb

Die Deutsche Schulvereinigung unterhielt seit Beginn des Berichtsjahres unmittelbar zwei Anstalten, die Belgrano- und die Germaniaschule, und gemeinsam mit dem Deutschen Schulverein Buenos Aires das Colegio Alemán Incorporado mit dem angeschlos­senen Liceo de Señoritas. Für die letztere Anstalt wurde ein Verwaltungsrat von sechs Mitgliedern gewählt, von denen je drei den beiden Schulvereinen angehörten. Die Vertreter der Deutschen Schulvereinigung waren dieses Jahr die Herren L. Koennecke (in Vertretung Dr. C. Riedel) R. W. Staudt und E. Degenhardt. Den Vorsitz führte auf Beschluss des Verwaltungsrates Herr Koennecke. Damit ist der Zusammenschluss der beiden Vereinigungen und ihrer Schulen, der im verflossenen Jahr vorbereitet war, nun zur Tatsache geworden, und der Aufbau des deutschen Schulwesens in Buenos Aires von der Volksschule zur höheren Schule einheitlich geordnet. Es werden in den vier Anstalten, die von beiden Vereinen unterhalten werden, im ganzen 1156 Schüler und Schülerinnen zum Segen des Deutschtums unterrichtet und erzogen und zwar so, dass Knaben und Mädchen vom ersten Schuljahr ab bis zur deutschen und argentinischen Universität geführt werden können.

Die neue Organisation machte auch eine Trennung der Schul­leitung nötig. Für die Germaniaschule und das Colegio Alemán Incorporado mit dem Liceo de Señoritas wurde Herr Dr. Carl Ernst als Direktor ernannt, der bis dahin die Leitung der Canga-llosclnüe gehabt hatte.

Änderung des Namens des Belgranoschule

In seiner Sitzung vom 1. Dezember beschloss der Vorstand einstimmig, den Namen der Belgranoschule in den der Goethe­schule zu ändern. Die Namensänderung erscheint als eine natür­liche Folge der oben genannten Neuorganisation. Die Schule, im Jahre 1897 als deutsche höhere Knabenschule in Belgrano gegrün­det, hatte nach der Vereinigung mit der deutschen höheren Mäd­chenschule von Fräulein Marie Liebau im Jahre 1914 auch fol­gerichtig einen neuen Namen angenommen: sie wurde nun kurzweg “Belgranoschule” genannt. In diesem Jahre trat sie wiederum in einen neuen Abschnitt ihrer Entwicklung. Da ihr das Colegio Alemán Incorporado einen Teil ihrer Aufgabe, nämlich die Vor­bereitung von Schülern (die sogenannten B Abteilungen) für die Prüfungen der argentinischen Staatschulen abgenommen hatte, konnte Sie sich wieder rein ihrem ursprünglichen Ziel zuwenden: eine deutsche höhere Auslandsvollanstalt zu sein, die ihre Schü­ler nach deutschem Lehrplan unter selbstverständlicher Berück­sichtigung der Landesverhältnisse zum Abschluss der deutschen hö­heren Schulbildung, also zur Reifeprüfung (Abiturium) führt. Um diese ihre Aufgabe auch äußerlich schon durch den Namen klarer zu kennzeichnen, wurde statt des bisherigen Namens “Belgrano-Schule” der Name “Goethe-Schule” gewählt. Wir hoffen bei dieser Umbenennung auf die Zustimmung aller unserer Mitglieder.

Schulbesuch

Über die Schülerzahl geben die statistischen Übersichten auf Seite 30-31 und 59-60 der Schulberichte über die Goetheschule und die Germaniaschule Auskunft.

Die Gesuche um Ermäßigung und Erlass des Schulgeldes waren wiederum recht zahlreich. Der Vorstand hat, wie in frühe­ren Jahren, allen Gesuchen nach Möglichkeit Rechnung getragen, nicht nur bei Schülern, die in den unteren Klassen beider Anstal­ten eintraten, sondern auch bei solchen, die die Oberklassen be­suchten. Es muss dabei allerdings betont werden, dass solche Vergünstigungen nur begabten und fleißigen Schülern gewährt werden können; denn der Ausfall von Schulgeldern machte sich in der Gesamteinnahme noch stärker als in früheren Jahren be­merkbar. Es waren in der Goetheschule 78 Schüler, in der Germa­niaschule 82 Schüler, die ein geringeres Schulgeld zahlten oder ganz schulgeldfrei waren, also über ein Fünftel an der Goethe­schule und über ein Drittel an der Germaniaschule. Gesuche um Befreiung oder Ermäßigung von Schulgeldern sind alljährlich spätestens zu Beginn des neuen Schuljahres dem Vorstande einzu­reichen. Spätere Gesuche können nicht berücksichtigt werden.

Schulleitung und Lehrkörper

Die Schulberichte der Goethe- und Germaniaschule geben über den Wechsel im Lehrkörper beider Anstalten die näheren Anga­ben. Ersatz für die ausscheidenden Lehrkräfte wurde rechtzeitig beschafft. Da diese vielfach aus Deutschland bezogen werden, legt der häufige Wechsel im Lehrkörper unseren Anstalten be­trächtliche Opfer auf, sie sind indessen nicht zu vermeiden, wenn das Lehrerkollegium auf der Höhe der Aufgaben unserer Schulen gehalten werden soll.

Der Vorstand spricht den Schulleitungen sind den Lehrerkol­legien beider Anstalten für die erfolgreiche Arbeit, die sie im Berichtsjahre geleistet haben, seine Anerkennung und seinen Dank aus. Ebenso danken wir herzlich Herrn Dr. J. Brinckmann, der uns in allen Gesundheitsfragen mit Rat und Tat zur Seite stand, und Herrn Dr. Hinze, der in dankenswerter Weise die zahnärztliche Untersuchung der Schüler an der Goetheschule übernahm.

Lehrmittel und Anschaffungen

Für beide Anstalten hatte der Vorstand größere Summen zur Vervollständigung der Lehrmittel und des Klassenmobiliars bewilligt. Die Industrie- und Handelskammer in Berlin, die uns nun schon seit Jahren in freigebigster Weise unterstützt, hat uns wiederum eine beträchtliche Anzahl von Lehrmitteln und Unter­richtsmaterial übersandt, wofür ihr unser herzlichster Dank aus­gesprochen sei.

Schulgebäude und Grundstücke

Wie üblich, wurden in beiden Anstalten das Schulgebäude und seine Einrichtungen ausgebessert und erneuert.

Da die Wohnung des Hausmeisters der Goetheschule schon seit längerer Zeit nicht mehr den modernen Anforderungen genüg­te, entschloss sich der Vorstand zu einem Neubau, der von der Firma Gmo. Schauffele in mustergültiger Weise ausgeführt wurde. Auch der Mädchenschulhof konnte nun besser und bequemer an­gelegt werden.

Schulfestlichkeiten

Ein großes Schulfest fand dieses Jahr nur in der Goethe­schule statt. Es wurde wie in den letzten Jahren als ein Familienfest der Schulgemeinde Belgrano abgehalten und hatte dank der überaus eifrigen Mitarbeit von Lehrern und Schülern einen recht befriedigenden Erfolg. Näheres darüber in der Finanzübersicht und im Schulbericht.

Finanzlage

Die Finanzen unserer Vereinigung sind aus den nachstehend wiedergegebenen Bilanzen und Gewinn- und Verlust-Rechnungen in allen Einzelheiten ersichtlich.

Die Goetheschule hat mit einem buchmäßigen Überschuss abgeschlossen, welcher jedoch für Abschreibungen und notwendige Rückstellungen verwandt werden musste. Die Finanzlage der Schule kann indessen als zufriedenstellend bezeichnet werden.

Dagegen weist die Germaniaschule einen Verlust von $ 12957.75 auf, welcher Betrag sich wie folgt zusammensetzt:

Zuschuss an das Colegio Incorporado $ 6.000.-

Verlust der Germaniaschule $ 6.957.75

Der Fehlbetrag in der Germaniaschule (Primar-Schule) von $ 6.957.75 ist als gering zu bezeichnen, wenn man die Entwicke­lung der letzten Jahre berücksichtigt. Er würde überhaupt ver­schwunden sein wenn uns nicht Mitglieder-Beiträge in von Jahr zu Jahr steigendem Masse entzogen worden wären. Die Mitglieder- Beiträge betrugen

im Jahre 1927 $ 13.504.10

im Jahre 1928 $ 13.963.40

im Jahre 1929 $ 6.681.60

im Jahre 1930 $ 5.243.-

Aus diesen Zahlen geht klar hervor, dass die Germania-Schu­le heute fast ohne Fehlbetrag arbeiten würde, wenn die Hoffnun­gen auf Aufrechterhaltung der früheren Mitglieder-Beiträge nicht in so hohem Masse enttäuscht worden wären. Wenn es trotzdem gelungen ist, mit einem von Jahr zu Jahr geringeren Verlust abzuschließen, so ergibt sich daraus, dass die Germaniaschule sich wieder steigender Beliebtheit und wachsenden Vertrauens seitens der Elternschaft erfreut.

Das finanzielle Ergebnis des Colegio Incorporado ist günstiger als die Erwartungen, welche den beiden Vereinen “Deutscher Schulverein Buenos Aires” (Cangallo-Schule) und “Deutsche Schulvereinigung” bei seiner Gründung vorgeschwebt hatten. Es , wurde seinerzeit für das erste Jahr mit einem höheren Fehlbetrag gerechnet. Es ist mit ziemlicher Sicherheit anzunehmen, dass sieh die Zuschüsse, die beide Vereine vertragsmäßig zu gleichen Teilen zur Deckung des Fehlbetrages zu leisten haben, im nächsten Jahre verringern werden.

Der Gesamtverlust in der Germaniaschule einschließlich Co­legio Incorporado Burmeister wird vom Kapital-Konto der Germaniaschule abgebucht, sofern die Generalversammlung nicht Ge­genteiliges bestimmt.

Der Vorstand der

DEUTSCHEN SCHULVEINIGUNG

L. Koennecke, 1. Vorsitzender — Dr. C. Riedel,

Vorsitzender — C. Durlach, 1. Schriftführer —• H. Neiling, 2. Schriftführer — H. Andersen,

Kassenwart — R. Armbrecht, 2. Kassenwart — E. Degenhardt, P. Eichholz, L. Freude, H. Heinlein, H. Kammann, M. Kinbaum, F. W. Schlottmann, R. W. Staudt.

Schulbericht über die Belgranoschule

Schulbetrieb

Lehrplan und Unterricht.

Der Bericht über den Unterrichtsbetrieb an der Belgrano­schule kann diesmal kurz gefasst sein.

Nach der Begründung -des vereinigten Colegio Alemán Incor­porado, von der im vorjährigen Schulbericht (Seite 17 und 18) ausführlich gesprochen wurde, konnte sich die Belgranoschule wieder ihrer ursprünglichen Aufgabe widmen, ihre Schüler nach Abschluss der Untertertia und 3. Klasse durch die Mittel- und Oberklassen zur deutschen Reifeprüfung zu führen. Die B- Ab­teilungen wurden aufgehoben, und der Unterricht entwickelte sich nach unserem deutschen Lehrplan in normaler Weise.

Da wir von Eltern, deren Kinder aus deutschen Heimatschu­len kommen, immer wieder gefragt werden, welcher Schulgattung unsere Schule zugehöre, so sei nochmals wiederholt, was bereits im vorjährigen Jahresbericht ausgeführt wurde:

“Die Belgranoschule hat die Berechtigungen einer deutschen Oberrealschule und steht einer solchen in ihrem Lehrplan am nächsten, da sie, wie diese, Englisch und Französisch betreibt und den mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern einen großen Wert beilegt. In der starken Bevorzugung des deutschen Kultur­unterrichts nähert sie sich in gewissem Sinne der deutschen Ober­schule. Mit der Aufbauschule hat sie gemeinsam, dass ihr Unterbau bis Untertertia (3. Klasse) zugleich die Aufgaben der Unterklas­sen einer höheren Schule und einer Volksschule erfüllen muss. Sie ist aber keinesfalls eine Zusammenstoppelung dieser verschiedenen Schularten, sondern ihrem eigenen Wesen nach eben eine deutsche Auslandschule, da sie von Anfang an zweisprachig ist und in allen Fächern nach einem Lehr- und Lehrstoffplan unterrichtet, der ihren eigenen Bedürfnissen als einer Schule deutscher Kultur und zugleich der Vorbereitung für den Lebensberuf in Argentinien angepasst ist.”

Von den drei Fremdsprachen, die bei uns gelehrt werden, gilt die spanische, die nach der deutschen als zweite Muttersprache der Kinder vom ersten bis zum letzten Schuljahr durchgeführt wird, als “erste Fremdsprache” im Sinne der deutschen Bestim­mungen, Englisch, das von Quarta (4. Kl.) ab unterrichtet wird, als “zweite Fremdsprache”. Französisch ist von Obertertia (2. Kl.) ab wahlfrei, daher auch kein Prüfungsfach bei der Reife­prüfung. Doch können Schüler, die von Deutschland ohne Kennt­nis des Spanischen zu uns kommen, statt des Spanischen Fran­zösisch als erste oder zweite Fremdsprache wählen. Sie werden also in die Klasse aufgenommen, die ihrem Abgangszeugnis entspricht.
Auch über die Gestaltung und den Aufbau des Unterrichts im Unterbau unserer Schule (Nona bis Untertertia und 9. bis 3. Klasse) mag in diesem Zusammenhange einmal kurz gesprochen werden.

Die scharfe Trennung in Grundschule und höhere Schule, wie sie die deutschen Schulen in der Heimat besitzen, ist für uns unmöglich und zwar wegen der Doppelsprachigkeit unserer Schul­kinder und wegen der Anforderungen, die die argentinische Volks­schulbehörde an uns stellt. Für diese ist die Schule vom ersten bis zum siebenten Schuljahre eine argentinische Privat-Volks- schule, die im Lehrplan und Lehrstoff alle Verpflichtungen einer Staatsschule zu erfüllen hat und der es nur “nebenher” gestattet ist, deutschen oder anderen Unterricht zu erteilen. Zum minde­sten müssen die Schüler in der Abschlussprüfung für die argen­tinische Volksschule, die am Ende des siebenten Schuljahres vor einer argentinischen Prüfungskommission stattfindet, nachweisen, dass sie den Wissensstoff, den die Prüfung verlangt, vollständig beherrschen. Das bedeutet, dass in unseren deutschen Lehrplan alles hineingearbeitet werden muss, was – für uns “nebenher” – für die Prüfung nötig ist, und das ist nicht gerade wenig, nicht bloß in der argentinischen Kulturkunde, sondern auch in manchen ändern sachlichen Fächern, wie Mathematik und Naturkunde.

Daneben aber soll der Unterbau auch die Grundlage für die Fortsetzung der Studien des Oberbaues (von Obertertia und 2. Klasse ab) legen. So häuft sich für unsere Kinder nicht allein die Stoffmenge in manchmal recht bedenklicher Weise, auch in den Methoden, zum mindesten der auf Spanisch unterrichteten Fächer, müssen sie sich vielfach von einer Stunde zur anderen umstellen, damit die Sache klappt, “wenn der Herr Inspector kommt”.

Da nun auch die Schlussprüfung von der argentinischen Kom­mission in einer von der deutschen recht verschiedenen Weise abgehalten wird, so kann es geschehen, wenn auch glücklicher­weise als Ausnahmefall, dass Schüler diese bestehen, aber wegen mangelhafter Leistungen in den Fächern des deutschen Lehrplans nicht versetzt werden können—oder dass sie sie nicht bestehen, aber trotzdem in die höhere Klasse versetzt werden können. Ein solches Missgeschick der einen oder anderen Art stellt die Eltern immer vor die unangenehme Entscheidung, ob sie ihr Kind trotz bestandenem “Examen de 1 grado” nochmals die Untertertia (dritte Klasse) durchmachen oder andernfalls sie ohne die be­standene Prüfung in die höhere Klasse der Belgranoschule über­gehen lassen wollen. Denn die Schule kann ebenso wenig die Ver­setzung von dem Ausgang einer Prüfung vor einer fremden Kom­mission abhängig machen, ohne ihr Gesamtunterrichtsziel preiszu­geben, wie sie ihnen die Zulassung zur Prüfung und das “Certi- ficado de 69 grado” bei bestandener Prüfung versagen kann, das den Schülern den Zutritt zu den argentinischen höheren Schulen gewährt.

Es geschieht daher bisweilen, dass die Eltern ihr Kind aus der Schule nehmen, wenn es zwar die Prüfung bestanden hatte, aber nicht versetzt wurde, und es einer argentinischen Schule anver­trauen, um es nicht unnütz “ein Jahr verlieren” zu lassen. Die Schule kann hierfür keine Abhilfe schaffen, sondern nur immer wieder darauf hinweisen, dass die Wiederholung einer Klasse nicht immer ein “verlorenes Jahr” bedeutet, sondern recht oft ein gewonnenes, da sie den Kindern, besonders nervösen und schwachen Kindern, die Gelegenheit bietet, den Lehrstoff, den sie zu ihren weiteren Studien brauchen, noch einmal in Ruhe durchzuarbeiten.

Das siebente Schuljahr bringt ja unzweifelhaft eine starke, leider nicht zu vermeidende Belastung für die Schüler, noch dazu in dem Alter der beginnenden Jugendreife, nicht bloß für die Schüler unserer, sondern aller deutscher Schulen in Argentinien, die bis zum Abschluss der Volksschule führen. Schulleitung und Lehrerschaft tun das Ihrige, die Anforderungen so viel wie möglich herabzumindern, ohne dass darunter die Vorbereitung auf die Prüfung oder das deutsche Unterrichtsziel der Klassen leidet. Es bedarf oft der ganzen Geschicklichkeit der Lehrer, um beiden Ansprüchen gerecht zu werden und die Kinder dadurch nicht zu überlasten. Aber auch an die Eltern sei hiermit die dringende Bitte gerichtet, ihren Kindern in der Untertertia und Klasse, die nun einmal sogenannte “schwere Klassen” sind, nicht zu viel zuzumuten und sie von allen ablenkenden Zerstreuun­gen und unnötigem privaten Unterricht fern zu halten. Sie leisten der Arbeit der Lehrer damit einen großen Dienst, den die Schule stets dankbar anerkennen wird.

Es sei bei dieser Gelegenheit wieder einmal auf die Notwen­digkeit eines noch engeren Zusammenarbeitens von Schule und Haus hingewiesen. Ohne Hausaufgaben kann der Unterricht an unserer Schule auch in den untersten Klassen nicht auskommen. Dazu sind der Anforderungen zu viele und, auch in den untersten Klassen, die Unterrichtsstunden zu knapp. Außerdem bietet die richtig angefertigte Hausarbeit den Schülern eine sehr nützliche Übung, die der Unterricht weder erfüllen noch ersetzen kann, und für die Eltern die beste Gelegenheit, sich von den Kenntnissen und Fortschritten zu überzeugen und sich bei irgendwelchen Zweifeln oder Unklarheiten mit den Lehrern zu besprechen. Eine Überwachung der Schularbeiten der jüngeren Schüler durch die Eltern ist also unbedingt notwendig. Eine Überwachung, aber nicht eine übertriebene Nachhülfe. Auch die Kleinen und Klein­sten sollen ihre Hausaufgaben möglichst selbständig machen und die leitende und ordnende Hand der Eltern nur leise spüren.

Seit Jahren hat unsere Schule die Gepflogenheit, außer den halbjährigen Zeugnissen, etwa zwei Monate nach Beginn eines neuen Schulhalbjahres, den Eltern Mitteilungen über nicht völlig ausreichende Leistungen ihrer Kinder in den einzelnen Fächern zugehen zu lassen. Sie erfolgen so zeitig, dass noch Abhülfe möglich ist, und enthalten die ausgesprochene oder unausgespro­chene Bitte an die Eltern, sich mit den Fachlehrern oder Klassen­lehrern unverzüglich darüber zu besprechen. Außer diesen “dienst­lichen” Mitteilungen werden die Lehrer stets bemüht sein, die Eltern über auffallendes Nachlassen ihrer Kinder im Unterricht schriftlich oder persönlich auf dem Laufenden zu halten. Mo­natliche Zeugnisse oder gar schriftliche Benachrichtigung der Eltern über jede schlechte Note, wie sie an den Staatsschulen vielfach üblich sind, halten wir nicht für zweckmäßig, da sie eine dauernde Unruhe in die Elternschaft tragen. Wir vertrauen darauf, dass durch die oben genannten Maßnahmen der Zusam­menhang mit dem Elternhaus zur Genüge hergestellt ist. Es wird den Lehrern stets erwünscht sein, sich über ihre Schüler mit den Eltern auszusprechen und sich in den festgelegten Sprechstunden zu ihrer Verfügung zu halten.

Unerwünscht dagegen sind der Schule im allgemeinen Nach­hilfestunden jeglicher Art. Sie sind als notwendiges Übel nicht immer zu vermeiden, besonders dann, wenn es sich darum handelt, Schüler, die wegen Krankheit oder Reisen längere Zeit den Unter­richt versäumt haben, rascher wieder auf den Stand der Klasse zu bringen; als normale Schuleinrichtung dürfen sie jedenfalls nicht gelten, 11 n d Schulleitung wie Lehrer werden nur in drin­genden Fällen dazu raten; nämlich dann, wenn eine begründete Aussicht auf Erfolg vorhanden ist. Eine unbedingte Gewähr dafür kann allerdings nicht übernommen werden. Es sei den Eltern daher auch hier nahegelegt, sich über Nachhilfestunden, die ihrer Meinung nach nötig sind, in jedem Fall rechtzeitig mit dem Fachlehrer zu besprechen, auch wenn sie beabsichtigen, sie durch Lehrpersonen, die der Schule fernstehen, oder durch ältere Schüler erteilen zu lassen. Wo die häuslichen Verhältnisse eine Überwachung der Hausarbeiten unmöglich machen oder wo besonders schwierige Fälle vorliegen, werden häufig Arbeitsstunden, die des Nachmittags in der Schule unter Aufsicht geeigneter Lehrer statt­finden, von größerem Nutzen sein, als Privatstunden.

Wahlfreie Fächer und Schülerkurse

Sprachkurse: Auch in diesem Jahre bestand das Bedürfnis, Schüler, die der deutschen oder der spanischen Sprache nicht mächtig waren, in Sonderkursen zu fördern. Es wurden zwei Förderkurse für Anfänger und Fortgeschrittene in deutscher und spanischer Sprache eingerichtet und zwar zu je zwei Stunden wöchentlich. Die Leitung der spanischen Lehrgänge hatten Frau Berninger, die Herren Thiel und Kudrass leiteten die deutschen

Schulbericht über die Germaniaschule

Schulbetrieb

Das abgelaufene Schuljahr bildet den ersten Zeitabschnitt in der Neugestaltung unseres Schulbetriebes. Wie im letzten Jahres­bericht bereits dargelegt wurde, haben die Vorstände der Deut­schen Schulvereinigung (Belgrano-und Germaniaschule) und des Deutschen Schulvereins Buenos Aires Ende 1929 beschlossen, ein gemeinsames Colegio Alemán Incorporado, jetzt “Burmeister” zu schaffen, das den Aufbau der hiesigen deutschen Volksschulen für diejenigen Schüler bilden soll, die sich mit der Absicht tragen, ihre Studien an heimischen Hochschulen fortzusetzen. Die Schüler erhalten in dieser Schule, die den Charakter einer hiesigen Oberrealschule trägt, neben ihrer notwendigen und zweckdienlichen Ausbildung für den künftigen Beruf eine gediegene deutsche Bildung, die ihnen vor allem das kostbarste Gut des Volkstums ihrer Väter erhalten soll, die deutsche Sprache. Es ist zu wünschen, dass möglichst alle Schüler, die nach Absolvierung der deutschen Volksschulen eine Laufbahn einschlagen wollen, die höheren akademischen Berufen zuführt, das nicht ohne erhebliche Opfer seitens der Deutschen Kolonie ins Leben gerufene Colegio Alemán Incorporado “Burmeister” besuchen.

Neben dieser Anstalt wurde ein Liceo de Señoritas einge­richtet, von welchem bis jetzt nur das erste Jahr bestand. Es ist der staatlichen Normalschule N? 4 angegliedert. Es soll unseren deutschen Familien Gelegenheit gegeben werden, ihre Töchter einer höheren Lehranstalt zuzuführen, die neben einheimi­schen Berechtigungen auch deutsche Kulturgüter gibt. Das Colegio Alemán “Burmeister”, das dem Colegio Nacional Manuel Belgrano incorporiert ist, und das Liceo befinden sich im Gebäude unserer Germaniaschule, sodass unseren Schülern auf diese Weise der Übergang in diese Anstalten besonders leicht fällt. Sie stehen unter eigener Verwaltung und veröffentlichen einen besonderen Jahresbericht, sodass wir unseren Bericht auf die Germaniaschule allein beschränken können.

Lehrplan und Unterricht.

Im Berichtsjahre wurde die durch den neuen Lehrplan im Jahre 1928 eingeleitete Teilung der Klassen in A – und – B – Abteilun­gen für Kinder, die von Hause aus gut Deutsch sprechen, und solche, die das Deutsche nicht oder sehr wenig beherrschen, vollständig durchgeführt. In der Untertertia ist die Teilung im Deutschen und im Rechnen in der Weise vorgenommen worden, dass in diesen Fächern Knaben und Mädchen getrennt unterrichtet werden.