1925 | 29º Jahresbericht – Deutsch-Argentinische Volksschule Belgrano


Der Vorstand setzte sich im Berichtjahre wie folgt zusammen:

1. Vorsitzender: Herr F. Scheffel

Beisitzer: L. Finsterbusch Franz Schmidt C. F. Markstahler Cäsar Prömmel Carl Bittermann Bernardo Bahr C. F. Horn Paul Feyerabend M. Lämmerhirt A. Lempen L. Silbermann

An die Mitglieder der Deutsch-Argentinischen Volksschule ßelgrano, an die Freunde und Gönner unserer Schule!

Im Jahre 1928 hat die dem Verein gehörende Schule einen weiteren Aufschwung genommen.

Einschließlich der den Kindergarten besuchenden Kleinen stieg die Gesamtzahl der Schüler auf 600 gegen 534 im Vorjahre. Die uns zur Verfügung stehenden Klassenräumlichkeiten gestatten nicht, viel über diese Ziffer hinauszugehen; die Eltern, die den Wunsch hegen, daß ihre Kinder die Humboldtschule besuchen sollen, werden deshalb gebeten, sie frühzeitig anzumelden.

Wie schon im letzten Jahresbericht ausgesprochen, glaubt der Vorstand nicht verantworten zu können, einer nochmaligen Erweiterung des Schulgebäudes das Wort zu reden; immerhin besteht die Möglichkeit, daß später doch an diese Aufgabe herangetreten werden muß, da der Verein es nach wie vor für seine heiligste Pflicht hält, durch Gewährung des Erlasses oder Ermäßigung des Schulgeldes gerade den minderbemittelten Eltern die Möglichkeit zu geben, ihre Kinder zu uns zu schicken, und so dem Deutschtum zu erhalten.

Das Bestreben des Vorstandes geht dahin, zu vermeiden, daß dem Verein eine zu große Schuldenlast erwächst; wie aus den Ziffern des Rechenschaftsberichts ersichtlich, haben sich auch im Jahre 1928 die Ausgaben gegen das Vorjahr wieder erhöht, und wenn auch die Einnahmen an Schulgeldern und Mitgliedsbeiträgen eine erfreuliche Zunahme aufweisen, so reichen doch beide Posten nicht aus, die Unkosten des Schulbetriebes zu decken.

Der Vorstand hatte im Vorjahre den Eltern, die dazu in der Lage sind, nahegelegt, das Schulgeld auch für die Ferienmonate Januar und Februar 1928 zu entrichten, und hat dabei mit dankbarer Genugtuung verzeichnen können, daß ein großer Teil der Mitglieder der damaligen Bitte entsprochen hat.

Da die jahrelange Erfahrung gelehrt hat, daß es bei den bestehenden Schulgeldsätzen ganz unmöglich ist, die diesbezüglichen Einnahmen so zu steigern, daß aus ihnen die Lehrergehälter für die Ferienmonate bestritten werden können, so ist der Vorstand nach reiflicher Ueberlegung zu dem Entschluß gekommen, künftig und beginnend mit diesem Jahre, das Schulgeld auch während der Sommermonate einzuziehen.

Den Eltern wird so eine Erhöhung des Schulgeldes erspart, und ist sich der Vorstand bewußt, daß er bei dieser Maßnahme auf volles Verständnis der Mitglieder rechnen kann, denn uns allen liegt doch das Wohl der Schule am Herzen.

Leider ist die Mehrausgabe an Lehrergehältern nur zu geringem Teile durch deren Aufbesserung verursacht worden, sondern in der Hauptsache durch Vermehrung des Lehrpersonais infolge des Zuwachses der Schülerzahl; das Durchschnittsgehalt der Lehrer ist nicht hoch, und würde es der Vorstand mit Freuden begrüßen, wenn sich im Laufe der Jahre die Finanzlage des Vereins so bessern könnte, daß die Lehrkräfte eine höhere Besoldung erhalten, denn gerade dem Lehrer, dem unser wertvollster Schatz — die Kinder — zur Erziehung anvertraut werden, sollte die Lust und Liebe an seinem gewiß idealen Berufe nicht durch materielle Sorgen beeinträchtigt werden.

Unsere Mitgliederzahl belief sich am Ende des Schuljahres auf 486. Auch dieses Jahr wiederholen wir die schon früher ausgesprochene Bitte, fleißig neue Mitglieder für unseren Schul-verein zu werben; auch der geringste monatliche Beitrag ist willkommen.

Leider hat der Tod auch im Berichtsjahre empfindliche Lücken in die Reihe der Mitglieder gerissen. Wir haben den Tod des Herrn J. Liftenegger, Frau Eva Fernbach, Herrn Gustav Kaiser und Alfredo Sjöberg zu beklagen, letzterer lebenslängliches Mitglied und, obgleich nordischer Abstammung und hier geboren, doch ein treuer, warmer Freund unserer Schule, der es nie an tatkräftiger Unterstützung hat fehlen lassen. Wir werden das Andenken der Verstorbenen in Ehren halten.

Unser Ehrenmitglied, Herr Fr. Dietrich, verlor durch den Tod die Lebensgefährtin. Es ist den Mitgliedern bekannt, wie viel unsere Schule Herrn Dietrich zu verdanken hat; er hat uns einen neuen Beweis seiner Anhänglichkeit und Gewogenheit bezeigt, dadurch, daß er uns die Rückzahlung des uns s. Zt. für den Erweiterungsbau zinslos gewährten Darlehens von c/1. $ 20 000.— erlassen hat. Herrn Dietrich gebührt der alleraufrichtigste Dank des Vereins und hat der Vorstand beschlossen, dem Erweiterungsbau. in dem die Mädchenklassen untergebracht sind, den Namen „Luise Dietrich-Bau“ zu geben, als sichtbaren Ausdruck unseres Dankes und zum Gedenken an die teure Verstorbene.

Die Unterstützung, die die Schule im Berichtsjahre erneut erfahren hat, sei cs durch Freunde und Gönner, die deutschen Geschäftshäuser. die beiden deutschen Banken, den deutschen Kulturrat und die in deutscher Sprache erscheinenden Tageszeitungen, sei es durch die Mitwirkung der Damen und Herren beim letzten Schulfeste, wobei besonders Herrn Cornely’s zu gedenken ist, ist vom Vorstand wohltuend empfunden worden und sagt er allen auch an dieser Stelle nochmals seinen herzlichsten Dank.

Dank gebührt auch dem Rektor und den Lehrkräften, die ihr Bestes tun, den Kindern einen gediegenen Unterricht zuteil werden zu lassen; die von dem argentinischen Schulinspektor ausgestellten Zeugnisse geben hierfür den besten Beweis.

Nicht unerwähnt soll bleiben, daß auch im Berichtsjahre wieder der Neue Deutsche Turnverein den Schülern und Schülerinnen kostenlose Teilnahme an den Turnübungen der Jugendabteilung Belgrano gewährt hat, wofür wir dem genannten Verein dankbar sind.

Unser langjähriges Vorstandsmitglied, Herr L. Silbermann, legte am Schlüsse des Berichtsjahres infolge seines Fortzuges nach Rosario sein Amt nieder; Herr Silbermann war ein eifriger Förderer unseres Vereins und seine Mitarbeit war von allen sehr geschätzt. sodaß der Vorstand nur mit Bedauern von seinem Ausscheiden Kenntnis nahm. Unsere besten Wünsche begleiten Herrn Silbermann.

Die Ordentliche Generalversammlung findet im Schulgebäude, calle Monroe, am 9. März um 21 Uhr statt, und sind die Mitglieder zu derselben herzlich eingeladen.

DER VORSTAND.

Schulbericht.

Schuljahr

Das Schuljahr 1928 brachte uns Lei vielen schönen Erlebnissen mit nachhaltigen Eindrücken und sicheren Erfolgen im Unterrichte wiederum einen guten Schritt vorwärts.

Der deutschsprachliche Charakter der Schülergeineinschaft stärkt den einheitlichen Gedanken unserer Erziehungsmethode und führt das Kind ungehemmter zum Ziele der Beherrschung beider Grundsprachen Deutsch und Spanisch.

Nicht Nationalität, sondern der freie Ausdruck in der deutschen Sprache gelten mit als Aufnahmebedingung schon für das erste Schuljahr. Sonderkurse in Deutsch und Spanisch bestehen heute noch für alle Schuljahre, werden aber bald in Deutsch für die Mittel- und Oberstufe überflüssig zu Gunsten des Spanischen, dem die gewonnenen Stunden zufallen.

Die geistige Ueberfütterung belastet häufig die Zöglinge der heutigen Unterrichtsanstalten. Genug Baiast muß in Erfüllung der Forderungen der Unterrichtspläne mitgeschleppt werden und trifft schwächliche Kinder oder solche langsamerer Auffassung besonders hart.

Wir merzen deshalb alles Entbehrliche aus und bieten unsere besondere Sorgfalt dem Wichtigen. Das Französische ist abgebaut worden. Die dadurch frei gewordenen Stunden dienen dem Ausbau anderer wertvoller Fächer. Dem englischen Unterricht fallen künftig vom 5. Schuljahr an 4 Wochenstunden zu. während für Deutsch. Spanisch und Rechnen in allen Schuljahren täglich 1 Stunde vorgesehen ist.

Das Hauptaugenmerk der Schulleitung ist darauf gerichtet, den sofort ins Berufsleben übergehenden Absolventen eine gediegene Schulbildung mit auf den Lebensweg zu geben.

Durch die Einhaltung der deutschen und argentinischen staatlichen Unterrichtsordnung sichern wir unsern Schülern aber auch den Uebergang nach anderen Lehranstalten, ln manchen fortschrittlichen Schulen der Heimat ist neuerdings Spanisch anstelle des Französischen eingeführt oder besteht neben diesem als gleichberechtigtes Wahlfach. Unser Verzicht auf das Französische ist somit auch gegenüber denen nach deutschen Landen übersiedelnden Zöglingengerechtfertigt.

In den naturwissenschaftlichen, geographischen und geschichtlichen Färchern veranschaulichten wir auch dieses Jahr wieder die Lehrpensen durch modernste Lehrmittel, durch selbständige Entwürfe von Skizzen und Modellierungen seitens der Schüler, dann durch zahlreiche, gewissenhaft vorbereitete und verwertete Lehrausflüge nach dem zoologischen und botanischen Garten, nach Museen, industriellen Betrieben, Ausstellungen und nach interessanten Punkten der nächsten Umgebung, durch Vorträge, durch vorzügliche Lehrfilme und auf Wanderungen.

Durch den großen Neubau wurden Räume und Bequemlichkeiten geschaffen, die den vollen Ausbau des technischen Unterrichtes ermöglichten.

Im Zeichenunterricht werden als Mal- und Zeichentechniken Bleistift, Feder, Kohle und Aquarell verwandt. Gute Ergebnisse entwickeln Knaben und Mädchen in der freien Fantasiebetätigung. Auch das reale Zeichnen vor dem Gegenstände findet viele Anhänger. Das farbige Flächenaufteilen wird in den unteren und mittleren Jahrgängen vielfach gern betrieben. Bei dem realen Zeichnen vor dem Gegenstände behalten wir bis Mitte des 6. Schuljahres die flächenhafte Auffassung bei und gehen dann zur körperlich perspektivischen Darstellung über, stets unter weitgehender Berücksichtigung der individuellen Veranlagung des Schülers. Häufige Klassenaufgaben wecken ein gemeinsames Interesse und steuern der Eintönigkeit.

Im Turnunterricht hält sich der Uebungsstoff im Rahmen der zeitgemäßen Forderungen sowie der behördlichen Richtlinien. Einer ausgedehnten Pflege erfreut sich das volkstümliche Turnen Jahns. Gute Fortschritte macht die Ausbildung im Geräteturnen ; doch zeigen die Zöglinge entsprechend bessere Fertigkeiten im leichten Bewegungs- und Kampfspiele, wozu unsere großen Spielplätze besonders freundlich einladen.

Im Gesangsunterricht verdienen die Leistungen der Mädchenschule Anerkennung. Die vorzügliche stimmliche Verfassung unserer Schülerinnen und deren Freude am Gesangsunterricht ermöglichte eine theoretische Schulung, die auf der Mittel- und Oberstufe eine Erweiterung der festgesetzten Forderungen des Lehrplanes zuließ.

Vielen Beifall fand bei unsern Jungen die Wiedereinführung des Handfertigkeitsunterrichtes in der geräumigen Werkstatt des Kellergeschosses, der nicht obligatorisch war. Die günstigen Ergebnisse und die anhaltend wachsende Teilnehmerzahl ermutigen zum weiteren Ausbau dieses wichtigen Unterrichtsfaches, das Lehrer und Schüler in zielbewußt freudigem Schaffen auch kameradschaftlich zusammenführte.

Geistige und seelische Anregungen empfingen wir in reichem Maße von außen und aus unserm eigenen Kreise. Alles Einzelne auizuzählen wäre Katalogarbeit, da doch nicht mehr als Titel geboten werden können.

Das Examen de sexto grado wurde auch dieses Jahr von allen Prüflingen erfolgreich bestanden.

Der Unterschied im Yersetzungstermin und in der Vorbildung der von drüben zugewanderten Schüler bietet oft Schwierigkeiten /n der Klassenzuteilung. Auch können viele Xeuanmeldungen liegen Platzmangels leider nicht berücksichtigt werden.

An den beiden letzten Schultagen wurden methodisch stufenweise geordnet die Hand- und Fröbelarbeiten ausgestellt. Lin reger Besuch bekundete verständnisvolles Interesse und aufrichtige Anerkennung der sichtlich günstigen Entwicklung beider Unter-richtszweige.

Zum Schlüsse wollen wir in Dankbarkeit der lieben Freunde unserer Jugend gedenken, die voll Verständnis den Weg zur Kindesseele suchen und ihr immer wieder gerne unaufgefordert eine Freude bereiten, dann all derjenigen, die durch eine tatkräftige Unterstützung der Schule und Lehrerschaft helfen.

Der Lehrkörper.

Dem Lehrkörper gehörten im Berichtsjahre 1928 an:

1. Herr Albicker, )osef.

2. Frl. Bläsner, Gertrud.

3. Herr vom Brocke, Paul.

4. Frl. Hundhausen, Dora.

5. Frau Taccard, Alice.

6. Frl. Mebius, Margot.

7. Herr Rohde, Herrmann.

8. Herr Schade, Karl.

9. Herr Thieler, Rudolf.

10. Herr Volkert. Emil Richard.

11. Frau Wagner, Klara.

12. Frau Waldbach, Elsa.

13. Frl. Wilhelm, Paula.

14. Herr Wunschik, Joachim.

15 Señorita Andrich, Wilma.

16. Señorita Bachmann, Laura.

17. Señorita Bechzinsky, Luisa.

18. Señorita Kaiser, Maria Bona.

19. Señor Mora. Alberto.

20. Señorita Nöllmann. Hilda.