1929 | 33º Jahresbericht – Deutsche Schulvereinigung Belgrano-Schule u. Germania-Schule


Vereinsbericht

Der Vorstand der Deutschen Schulvereinigung erstattet Hier­mit seinen Mitgliedern Bericht über das abgelaufene 38. Geschäfts­jahr.

Generalversammlung

Die ordentliche Generalversammlung wurde am 28. März 1929 abgehalten. In ihr wurde der Jahres- und Rechenschaftsbericht des Vorstandes vorgelegt und einstimmig genehmigt. Sodann schritt man zur Wahl des neuen Vorstandes.

Vorstand

Nach den Satzungen schieden zu Ende des Geschäftsjahres 1928 folgende Herren des Vorstandes aus: Dr. G. Riedel, C. Dur­lach, R. W. Staudt, E. Stengel, P. Eichholz, A. Seidel, C. Zitzke, die mit Ausnahme von Herrn E. Stengel und C. Zitzke, die eine Wiederwahl ablehnten, wiedergewählt wurden.

Neu hinzu gewählt wurden die Herren H. Andersen und R. Armbrecht. Danach setzte sich der Vorstand im Berichtsjahre fol­gendermaßen zusammen:

Vorsitzender: Herr L. Koennecke

Vorsitzender: Dr. C. Riedel

Schriftführer: Herr C. Durlach

Schriftführer: Herr Dr. C. E. Niebuhr

Kassenwart: Herr H. Andersen (Belgr.-Sch.)

Kassenwart: Herr R. Arnibrecht (Germ.-Sch.)

Beisitzer: Herren H. Bühler, P. Eichholz, H. Kammann, M. Kinbaum, E. Proske, F. W. Schlottmann, A. Seidel, R. W. Staudt

Am Schlusse des gegenwärtigen Geschäftsjahres scheiden Satzungsgemäß folgende Herren aus dem Vorstand aus:

Herr L. Koennecke „ Dr. C. E. Niebuhr „ H. Bühler „ H. Kammann „ M. Kinbaum „ E. Proske ,, E. W. Schlottmann

Am. 13. Januar 1930 ist in Hamburg Herr Carlos Peters einem schweren Leiden erlegen. Herr Peters hat unseren Vorständen von 1917 bis 1925 angehört und bekleidete vom Jahre 1919 bis zum Jahre 1925 den Posten unseres Vorsitzenden. Wir schulden ihm außerordentlichen Dank für die mühevolle und aufopfernde Tätigkeit im Interesse der Belgrano-schule, die unter seiner Füh­rung in der sehr schwierigen Zeit kurz nach dem Weltkriege eine gedeihliche Entwicklung nahm und als erste und bis jetzt einzige deutsche Schule Südamerikas zu einer Vollanstalt ausgebildet wurde. Wir werden das Andenken des Verstorbenen dankbar in Ehren halten.

Am 12. Juni 1929 starb in Buenos Aires Herr Otto Vilmar, der dem Vorstand der Germaniaschule längere Jahre als Mitglied, besonders auch als Kassenwart angehörte. Er hat sich an den Ar­beiten des Vorstandes jederzeit aufopfernd und erfolgreich betei­ligt und sich als Freund und Förderer der Schule anerkennenswerte Verdienste erworben, für die ihm die Germaniaschule dauernd ein dankbares Andenken bewahren wird.

Mitglieder

Das Verzeichnis der Mitglieder der Deutschen Schulvereinigung ist im Jahresbericht abgedruckt. Es enthält 495 Mitglieder gegen 479 des vorigen Jahres. Es ist also eine Ver­mehrung von 16 Mitgliedern zu verzeichnen.

Wie in früheren Jahren bittet auch diesmal der Vorstand alle Eltern unserer Schulkinder, sowie alle die an dem Gedeihen und Fortschreiten der Schule Anteil nehmen, dringend sich als Mit­glied in die Schulvereinigung aufnehmen zu lassen. Bei den An­meldungen neuer Schüler wird jedes Mal ein Formular für die Bei­trittserklärung beigegeben, das wir freundlichst zu benutzen bitten.

Schulbesuch

Wie die statistischen Übersichten auf Seite 33 bis 35 und Seite 61 und 62 der Schulberichte über die Belgrano- und Germa­nia-Schule angeben, ist die Gesamtschülerzahl in beiden Anstalten gegen das Vorjahr gestiegen. Sie betrug in der Belgrano-schule 519 gegen 507, in der Germaniaschule 334 gegen 293 im Jahre 1928. Der Vorstand sieht darin einen Beweis des Vertrauens, das die Eltern den beiden Anstalten entgegenbringen.

Die Vermehrung der Schülerzahl legte der Belgrano- wie der Germania-Schule erhöhte Verpflichtungen bei dem Erlas.se oder der Ermäßigung der Schulgelder auf. Obwohl der Ausfall an Schul­geldern dadurch an der Belgranoschule etwa ein Fünftel, an der Germaniaschule etwa ein Drittel der Gesamteinnahme an Schul­geldern betrug, ist der Vorstand dauernd allen begründeten Wün­schen der Eltern entgegengekommen. Es sei nur darauf hingewiesen dass Gesuche um Befreiung oder um Ermäßigung von Schul­geld spätestens bei Beginn des neuen Schuljahres dem Vorstande einzureichen sind. Spätere Gesuche können nicht berücksichtigt werden.

Schulleitung und Lehrkörper

Die Änderungen im Lehrkörper der Belgrano- und Germa-niaschule sind in den Schulberichten des Näheren angegeben. Für die ausscheidenden Lehrkräfte wurde rechtzeitig Ersatz beschafft, sodass beide Schulen ihre Arbeit mit der etatmäßigen Anzahl von Lehrkräften beginnen.

Für die erfolgreiche Arbeit, die die Schulleitung und die Leh­rerkollegien beider Anstalten im Berichtsjahre geleistet haben, sei ihnen auch hier die Anerkennung des Vorstandes ausgesprochen. Ebenso danken wir auch wiederum herzlichst Herrn Dr. J. Brinckmann, der als Schularzt der Belgrano Schule unser Berater in allen Gesundheitsfragen war.

Gründung des Colegio Alemán Incorporado

Im Berichtsjahre fand die Gründung des Colegio Aleman In­corporado statt, welches die Vereinigung des Oberbaues unserer Germaniaschule mit demjenigen der Cangallo-Schule darstellt und worüber durch Bekanntmachungen in den Tageszeitungen bereits das Wichtigste mitgeteilt worden ist. In dem nachstehenden Be­richt der Schulleitung wird auf die Auswirkung dieser Gründung im schultechnischen Sinne näher eingegangen.

Diese Vereinigung der beiden Schulen: Cangallo- und Ger­maniaschule in ihren Oberklassen von einschließlich Obertertia ab, ist nach dem Zusammenschluß der Belgrano-Schule mit der Germaniaschule im Jahre 1927 das wichtigste Ereignis im deut­schen Schulwesen am La Plata seit dessen Bestehen. Es bedeutet praktisch das Ende des bis dahin im deutschen Schulwesen beste­henden Partikularismus, es bedeutet, dass man von dem bisheri­gen Wettbewerb untereinander zur Verständigung und zur ge­meinschaftlichen Arbeit am gemeinsamen’ Ziel übergegangen ist.

Die Verhandlungen zwischen den beiden Schulvereinen wur­den getragen von dem Willen zu einer solchen Verständigung und von der Überzeugung der Verantwortung vor dem gesamten Gemeinwesen am La Plata. So war es möglich, innerhalb weniger Wochen zu einem Abschluss zu gelangen, der unzweifelhaft zum Segen nicht nur für die beteiligten Schulvereine, sondern für das gesamte deutsche Schulwesen ausschlagen wird. Keine der in Buenos Aires und Umgegend bestehenden deutschen Schulen wird heute noch den Beruf in sich fühlen und die Verantwortung übernehmen können, sich über die durch die örtlichen Verhältnisse gesteckte Grenze auszudehnen; keine wird vor allen Dingen an die Errichtung eines eigenen Colegio incorporado denken dürfen, nachdem feststeht, dass auch ein gemeinschaftlicher Oberbau der größten Schulen nur mit Opfern durchzuführen ist.

Das neue Colegio Alemán incorporado wird für gemeinsame Rechnung unserer Schulvereinigung und des Deutschen Schulvereins Buenos Aires (Cangallo-Schule) betrieben. Ein sich etwa ergebender Fehlbetrag wird von beiden Vereinen zu gleichen Tei­len getragen. Wenngleich hierbei beide Teile gewinnen müssen — denn dies war der Zweck der Maßnahme — so muss doch an dieser Stelle festgestellt werden, dass es wiederum die Deutsche Schulvereinigung gewesen ist, welche zunächst das größere Opfer im Interesse der Allgemeinheit auf sich genommen hat. Erstens beteiligt sie sich an dem Fehlbetrag des geschlossenen fünfjähri­gen Oberbaues, wo sie bis heute nur drei Jahre dieses Oberbaues führte, und zweitens liegen ihr die bestehenden Verpflichtungen und die Rücksichten auf die Lehrkräfte für den Unterbau der Ger­maniaschule zunächst erhöhte Aufgaben auf. Der Vorstand ist jedoch nicht davor zurückgeschreckt, diese Opfer im Interesse des längst angestrebten und nunmehr erreichten hohen Zieles zu über­nehmen und hofft, dass die Entwicklung diesen Optimismus recht- fertigen und dass nicht nur die Mitglieder der Schulvereinigung, sondern das gesamte Deutschtum in Argentinien die getroffenen Maßnahmen mit ihrer Zustimmung begrüßen wird.

Lehrmittel und Anschaffungen

Der Bestand an Lehrmitteln wurde an beiden Schulen er­heblich vermehrt und zwar teils aus eigenen Mitteln, teils aus dem Zuschuss, den uns die Industrie- und Handelskammer Berlin auch dieses Jahr wieder in so bereitwilliger Weise gewährt hat. Für ihre Unterstützung sei ihr auch an dieser Stelle der herzlichste Dank ausgesprochen.

Schulgebäude und Grundstücke

Die Ausbesserungen, die am Schluss des Schuljahres an der Belgrano-schule vorgenommen wurden, hielten sich im Rahmen des Notwendigen, da das Schulgebäude mit seinen Einrichtungen im Allgemeinen im guten Zustande war. Dagegen erwies sich in der Germaniaschule eine gründliche Ausbesserung sämtlicher Räumlichkeiten als unumgänglich notwendig. Die Schule wurde während der großen Ferien völlig neu in Stand gesetzt und in einer Anzahl Klassen mit neuen Bänken, Wandtafeln usw. ver­sehen. Näheres darüber unter Finanzlage.

Zu bemerken sei noch, dass in der Turn- und Festhalle der Belgrano-schule nach den Vorschlägen des Professors an der Dres­dener Staatsoper, Herrn Max Hasseit, Vorkehrungen zur Verbes­serungen der Akustik getroffen wurden, die ein befriedigendes Ergebnis hatten. Der Saal ist jetzt akustisch einwandfrei und kann daher für Vorträge und andere Vorstellungen bestens empfohlen werden.

Schulfestlichkeiten

Die Belgranoschule hielt am 7. September in gewohnter Wei­se ihr Schulfest ab, dessen Ertrag sich auf der Höhe des Vorjahres hielt und somit wie stets ein ausschlaggebender Faktor im Haus­haltplan der Schule war. Allen Mitwirkenden bei dem wohlgelun­genem Feste sei an dieser Stelle nochmals der wärmste Dank aus­gesprochen.

Während das Fest der Belgranoschule den ausgesprochenen Charakter eines Familienfestes trug, haben die gleichen Veranstal­tungen in der Germaniaschule diesen Charakter von Jahr zu Jahr mehr verloren und an Zugkraft und damit auch an Ertrag immer mehr eingebüßt. Der Vorstand entschloss sich daher, unter den bewährten Freunden und Gönnern der Schule eine Sammlung zu veranstalten. Ihr Erträgnis lieferte wiederum den Beweis für das dauernde Interesse, das die deutsche Kolonie an der Germania­schule nimmt (siehe Gewinn- und Verlustkonto der Germania- Schule, Seite 14). Das am 14. Dezember stattgehabte Fest konnte infolgedessen mehr als ein einfaches Schulfest abgehalten werden, ohne dass auf großen Gewinn für die Schulklasse gesehen wurde. Dem bescheidenen Rahmen entsprechend war sein Ergebnis zu­friedenstellend.

Allen Damen und Herren, die sich wiederum mit so großer Aufopferung in den Dienst unserer Sache stellten, unseren herzlichsten Dank.

Finanzlage

Über die wirtschaftliche Lage unseres Vereins und das fi­nanzielle Ergebnis des abgelaufenen Berichtsjahres gibt die nach­stehende Bilanz und Gewinn- und Verlust-Rechnung näheren Aufschluss.

Wie daraus ersichtlich ist, hat die Belgranoschule auch dieses Jahr mit einem Überschuss abgeschlossen, der hauptsächlich auf die außergewöhnliche Einnahme durch die weiter unten erwähnte Erbschaft zurückzuführen ist. Die Germaniaschule weist wieder einen Fehlbetrag auf, der sich jedoch gegen das Vorjahr um ein Geringes vermindert hat. Im Allgemeinen können wir fest­stellen, dass auch die Germaniaschule sich wieder auf aufsteigender Linie bewegt und dass der Optimismus, der uns bei ihrer Übernahme geleitet hat, nicht unberechtigt gewesen ist.

Im abgelaufenen Schuljahre flössen unseren Schulen durch Vermächtnisse verstorbener Gönner mehrere wertvolle Legate zu und zwar je $ 8-000 (abzüglich 10 % Erbschaftssteuer) der Belgra­noschule und der Germaniaschule aus dem Nachlass des Herrn Friedrich Kozel und $ 10.000 von den Erben des Herrn Otto Gaitzsch der Germaniaschule allein.

Mit tiefempfundenem Danke haben unsere Schulen diese großzügigen Spenden entgegengenommen. Gleichzeitig, auch mit dem Gefühl der Trauer, in den beiden Verstorbenen zwei ihrer treuesten Freunde und Gönner verloren zu haben, welche in jeder Bedrängnis zu tatkräftiger Hilfe bereit waren. Das Andenken dieser beiden Wohltäter wird von uns stets in hohen Ehren ge­halten werden und ihre Handlungen tragen ihren Segen in sich selbst. Den Erben des Herrn Otto Gaitzsch gebührt noch unser besonderer Dank dafür, dass sie mangels jeder Nachlass Bestimmungen den Sympathien des Verstorbenen gegenüber unserer Schule in dieser hochherzigen Weise Rechnung getragen haben, ebenso den Testamentsvollstreckern beider Erblasser für die wohlwollende Waltung ihres Amtes.

Die der Germaniaschule zugeflossenen Legate wurden nach Vorstands-Beschluss ausschließlich dafür verwandt, die mannigfa­chen baulichen Missstände und Mängel der inneren Einrichtung beheben zu helfen, die von Jahr fühlbarer geworden waren und die Entwicklung der Schule hemmten, ohne dass die Möglichkeit zu einer Beseitigung vorhanden war. Die unerwartete Hilfe konn­te deshalb nicht gelegener kommen, zumal die Einrichtung des Colegio incorporado es gerade zu diesem Zeitpunkte notwendig machte, die Schule erneut in guten Zustand zu setzen.

Buenos Aires, im März 1930.

Der Vorstand der

DEUTSCHEN SCHULVEREINIGUNG

L. Koennecke, 1. Vorsitzender — Dr. C. Riedel,

Vorsitzender — H. Andersen, 1. Kassenwart — R. Armbrecht, 2. Kassenwart — C. Durlach,

Schriftführer — Dr. C. E. Niebuhr, 2. Schrift­führer — H. Bühler, P. Eichholz, H. Kammann, M. ICinbaum, E. Proske, F. W. Schlottmann, A. Seidel, R. W. Staudt.

Für die Vereinheitlichung des deutschen Schulwesens in Bue­nos Aires bedeutet diese Zweiteilung einen sehr bedeutsamen Schritt. Wir haben nun endlich einen geordneten Aufbau der deutschen Schulen : mehrere kleinere Volksschulen, die bis zum Abschluss des 4. Schuljahres führen, fünf vollausgebaute Volks­schulen mit siebenjährigem Lehrgang, nämlich der Unterbau der Belgrano-, Germania- und Cangallo-Schule, die Humboldtschule und die deutsche Schule in Barracas und als ihre Fortsetzung die beiden höheren Schulen, die Belgranoschule und das “Colegio Ale­man incorporado” mit dem angeschlossenen “Liceo de Señoritas”. Für die Schüler und Schülerinnen aller deutschen Volksschulen er­wächst daraus der große Vorteil, dass sie nunmehr mit einer Fort­setzung ihres Unterrichts an zwei verschieden gerichteten aber in einem Geiste geleiteten Anstalten rechnen können, die ihnen die Gewähr bieten, dass die deutsche Erziehung- und Unterrichtsme­thode, die sie bis dahin genossen haben, nicht abgebrochen, son­dern auf einer höheren Stufe weitergeführt wird; ein Schulsystem., wie es seit langen Jahren immer wieder gefordert, aber bis dahin in der Praxis niemals durchgeführt worden ist.

Die Eigenart der Belgranoschule ist damit, wie wir hoffen, end­gültig festgelegt. Sie hat die Berechtigungen einer deutschen Oberrealschule und steht einer solchen in ihrem Lehrplan am nächsten, da sie, wie diese, Englisch und Französisch betreibt und den mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern einen großen Wert beilegt. In der starken Bevorzugung des deutschen Kultur­unterrichts nähert sie sich in gewissem Sinne der deutschen Ober­schule. Mit der Aufbauschule hat sie gemeinsam, dass ihr Unter­bau bis Untertertia (3. Klasse) zugleich die Aufgaben der Unter­klassen einer höheren Schule und einer Volksschule erfüllen muss. Sie ist aber keinesfalls eine Zusammenstoppelung dieser verschie­denen Schularten, sondern ihrem eigentlichen Wesen nach eben eine deutsche Auslandsschule, da sie von Anfang an zweisprachig ist und in allen Fächern nach einem Lehr- und Lehrstoffplan un­terrichtet, der ihren eigenen Bedürfnissen als einer Schule deutscher Kultur und zugleich der Vorbereitung für den Lebensberuf in Argentinien angepasst ist.

Wer den Lehrplan der Belgranoschule mit dem höherer Schu­len in der Heimat vergleicht, wird diesen Unterschied leicht fest­stellen können. Er macht sich in der Verteilung und dem Lehr­stoff des Deutschen, der eine erheblich größere wöchentliche Stundenzahl als die deutschen Lehrpläne aufweist, in den Fremd­sprachen Englisch und Französisch, besonders auch in der Ge­schichte und Erdkunde bemerkbar.

Da eine beträchtliche Anzahl von Schülern unsere Schule mit der Untertertia (3. Klasse) oder mit der Untersekunda (1. Klasse) verlassen, musste dafür gesorgt werden, dass diese in den beiden genannten Fächern zu einer gewissen Abrundung ihrer Studien kämen. Die Geschichte wird daher in drei erweiterten Lehrgän­gen bis Untertertia, Untersekunda und Oberprima jedes Mal bis zum Abschluss der Neuzeit geführt, die Erdkunde in zwei Kursen bis Untertertia und Untersekunda, die beide den Gesamtlehrstoff dieses Faches umfassen.

Auch der mathematisch-naturwissenschaftliche Unterricht bedurfte, nachdem die Vorbereitung auf argentinische Prüfun­gen weggefallen war, einer Neugestaltung. Der Mathematikun­terricht wird jetzt in organischer Folge, etwa nach den Anfor­derungen eines Real-Gymnasiums von Sexta bis Oberprima durch­geführt, während er früher in der Quarta und Untertertia, beson­ders im Geometrie-Unterricht, wegen der Anforderungen des ar­gentinischen Lehrplans für Volksschulen lückenhaft war. Mit dem verbesserten Lehrplan hoffen wir den Unterricht in den obe­ren Klassen zu erleichtern und den Ansprüchen, die die Reife­prüfung stellt, gerecht zu werden, ohne dabei die Bedürfnisse einer guten Vorbereitung für die Abschlussprüfung der argentini­schen Volksschule in Untertertia (3. Klasse) zu vernachlässigen. Ebenso ist der Unterricht in Physik, Chemie und Biologie jetzt mehr im Einklang mit den deutschen Lehrplänen eingerichtet worden, soweit dies ohne Beschwerung des übrigen Lehrplanes geschehen konnte. Der Lehrstoffplan für alle diese Fächer ist als Sonderdruck zum Ersatz des bisherigen erschienen und wird den Schülern im nächsten Jahre bekannt gegeben werden.

Die Teilung der Prima, die im Berichtsjahre in allen Fächern außer Philosophie, Deutsch, Geschichte, Französisch und Turnen durchgeführt war, wird vom nächsten Jahre ab auch in Deutsch und Geschichte eingerichtet werden. Die Vereinigung beider Pri­men bleibt nur für Philosophie, Französisch und Turnen beste­hen, da für diese Fächer eine Teilung im praktischen Schulbetrieb nicht unbedingt nötig erscheint.

Die Mädchen-Abteilung unserer Schule wurde schon dieses Jahr nach dem gleichen Lehrplan wie die Knaben-Abteilung un­terrichtet. Die Trennung der ersten Mädchenklasse in einigen Fä­chern, je nachdem die Schülerinnen am Schluss des Jahres die Schule verlassen oder nach der Obersekunda übergehen wollten, die zu manchen Unzuträglichkeiten im Unterricht und im Stun­denplan führte, ist damit in Zukunft vermieden. Die Mädchen, die von dieser Klasse zum Oberbau der Knaben-Abteilung über­gehen wollen, werden also die gleiche Ausbildung wie die Schü­ler der Knaben-Abteilung erhalten, d. h., falls sie nach der 1. Klasse von der Schule abgehen, die Ausbildung der obersten Lyzeums­klasse, die der Untersekunda der Knabenschule entspricht.

Nachdem alle diese Änderungen, die in den letzten Jahren in der Praxis durchgeprobt wurden, nunmehr festgelegt sind, wird die Belgranoschule nach einem wohlgeordneten organischen Lehr­plan ihre Hauptkraft auf die intensive Durcharbeitung des Lehr­stoffes und die gesicherte Erreichung ihrer Lehrziele verwenden können.

Schulbericht über die Germaniaschule

Schulbetrieb

Lehrplan und Unterricht

Nachdem im Jahre 1928 der Lehrplan und die Stundenvertei­lung der Germaniaschule denen der Belgranoschule, soweit dies möglich war, angeglichen worden war, ging der Unterrichtsbetrieb im verflossenen Jahre seinen vorgeschriebenen Gang.

Die Teilung der unteren Klassen (IX bis V) in A-Abteilungen und B-Abteilungen für die Fächer der deutschen Kulturkunde hat sich in der Durchführung bewährt. Sie soll im nächsten Jahre in allen Klassen des Unterbaues bis Untertertia einschließlich ein­gerichtet werden.

Da die beiden Abteilungen in den übrigen Fächern gemein­sam unterrichtet werden und unter einem gemeinsamen Klassen­leiter stehen, ist die Gefahr einer ungleichmäßigen Ausbildung in diesen Fächern vermieden und die Einheitlichkeit der Klassen gewahrt. In der deutschen Kulturkunde muss, wie begreiflich, eine Ungleichheit bestehen; es ist aber bei folgerichtigem Aufbau und straffer Führung des Unterrichts zu hoffen, dass auch argen­tinische Schüler, die von Hause aus nicht deutsch sprechen, in den sieben Jahren zu einer befriedigenden Beherrschung der deut­schen Sprache und zu grundlegender Kenntnis der deutschen Kul­tur geführt werden, sodass sie dann im Colegio incorporado im Stande sind, mit den deutschsprechenden Schülern einigermaßen Schritt zu halten.

Der Oberbau der Schule umfasste im Berichtsjahre die drei ersten Jahre des Colegio Nacional und das erste des Liceo de Señoritas. Die schon im Jahre 1928 beantragte Inkorporation des dritten Jahres des Colegio und des ersten des Liceo erfolgte durch Regierungsdekret, etwas spät, aber noch so frühzeitig, dass die Schüler und Schülerinnen zu den Schlussprüfungen des Jahres zu­gelassen werden konnten. Da die Klassen nur schwach besetzt waren, mussten Knaben und Mädchen gemeinsam unterrichtet werden, was ohne jede Störung geschah. Im nächsten Jahre wird die Trennung in Knaben- und Mädchenklassen vorgenommen wer­den.

Für die weitere Entwicklung der Germaniaschule wird das kommende Jahr von entscheidender Bedeutung sein. Der Vertrag der Deutschen Schulvereinigung (Belgrano- und Germaniaschule) mit dem Deutschen Schulverein Buenos Aires (Cangalloschule), von dem der Vorstandsbericht des näheren handelt, wird abge­sehen von der Wichtigkeit, die er für das deutsche Schulwesen in Buenos Aires überhaupt hat (vergl. den Jahresbericht der Bel- granoschule, Seite 17 und 18) die Grundlage bilden, auf der sich der gedeihliche Fortschritt unserer Schule aufzubauen hat.

Das vereinigte Colegio incorporado mit dem später zu erwei­ternden Liceo de Señoritas übernimmt eine bedeutsame Aufgabe im Rahmen und im organischen Aufbau des deutschen Schulwe­sens der Hauptstadt.

Die Notwendigkeit eines deutschen Colegio Nacional braucht, hier nicht eingehend begründet zu werden. Seine Schaffung, wie die jetzige Vereinigung der beiden Colegios der Germania- und Cangalloschule ist der folgerichtige Abschluss der Entwicklung, die die deutschen Schulen in Buenos Aires nach dem Kriege ge­nommen haben und nach Lage der hiesigen Verhältnisse nehmen mussten.

Die Zahl der Schüler, die sich einem akademischen Beruf wid­men wollen, ist in den letzten Jahren ohne Zweifel gestiegen, auch die Mädchen streben vielfach nach einer Berufsausbildung für die das Abgangszeugnis einer argentinischen Schule nötig ist. Die staatlichen höheren Schulen aber sind, besonders in den unteren Klassen, derart überfüllt, dass sie die Fülle der zu ihnen strömen­den Schüler nicht mehr aufnehmen können. Als Ergänzung müs­sen demnach die sogenannten Privatschulen eintreten.

Wenn wir also nicht wollen, dass die Schüler unserer Volks­schulen, die hier weiter studieren wollen, ausschließlich an die Staatsschulen oder an andere Privatschulen abfließen, sondern wenn wir mit der Forderung Ernst machen wollen, ihnen neben der Ausbildung für den künftigen Beruf eine möglichst gediegen1′ deutsche Bildung auf den Lebensweg mitzugeben, so brauchen wir notwendig eine deutsche nach argentinischem Lehrplan ge­richtete höhere Schule, die diese Aufgabe erfüllt. Sie muss nur ne­ben der gewissenhaften Durcharbeitung des argentinischen Lehr­plans für die Pflege der deutschen Sprache und Kultur genügend Platz lassen. Hierfür soll an dem vereinigten Colegio und Li­ceo de Señoritas in der Germaniaschule gesorgt werden.

Das Colegio wie das Liceo unterstehen der Aufsicht der ar­gentinischen Schulbehörden, die von Jahr zu Jahr mit größerer Strenge ausgeübt wird. Sie werden deren Anforderungen genauestens befolgen müssen. Der Lehrplan der höheren Staatsschulen umfasst aber nur fünf Jahre; er ist daher mit einer Vielheit von Einzelfächern und einer Überfülle des Wissensstoffes belastet, wie sie den deutschen Lehrplänen bei ihren neunjährigen Lehrgän­gen unbekannt sind. Dazu kommt der Zwang der jährlichen Prü­fungen, die nur durch gute Jahresleistungen der einzelnen Schüler vermieden werden können. Es muss also mit scharfer Anspannung von Lehrern und Schülern gearbeitet werden, wenn ein günstiges Jahresergebnis erreicht werden soll.

Daneben aber dürfen die beiden Anstalten nicht die Pflege der deutschen Kulturkunde vernachlässigen; denn darin liegt allein die Berechtigung ihres Bestehens als einer Einrichtung, die von der deutschen Kolonie getragen wird und für die heranwachsende deutsch-argentinische Jugend in erster Linie bestimmt ist. Sie sollen nicht nur deutsche Schulen heißen, sondern auch wirk­lich deutsche Schulen sein in der Begrenzung, die ihnen durch die Verhältnisse gesetzt sind. Auch als wirksame „Werbeschulen für das Deutschtum“ können sie nur dann gelten, wenn sie den argentinischen Schülern eine möglichst breite Grundlage in der Kenntnis der deutschen Sprache und Literatur, Geschichte und Landeskunde geben. Rein deutsche Schulen im Sinne der Hei­matschulen oder auch der deutschen Auslandschulen, die im Wesentlichen nach deutschem Lehrplan arbeiten, können sie nicht sein. Darum ist aber ihre Aufgabe nicht weniger wichtig und mit nicht geringerem Ernst zu erfüllen.

Um die deutsche Eigenart der neuen Anstalten zu sichern, sind daher von dem Verwaltungsrat, der die beiden Schulen zu leiten hat und sich aus je drei Mitgliedern der Deutschen Schul-vereinigung und des Deutschen Schulvereins Buenos Aires zu­sammensetzt, folgende Bestimmungen erlassen worden:

Der Deutsche Unterricht im Colegio Alemán

Das Colegio Alemán dient: als Aufbauschule für die Schüler der Belgranoschule, Germaniaschule und Cangalloschule, sowie anderer deut­scher Schulen, die die Untertertia mit Erfolg besucht und das Examen General de Enseñanza Primaria (6° grado) bestanden haben, als deutsche Werbeschule für Schüler argentinischer Schu­len, die das genannte Examen bestanden haben.

Sein Ziel ist: die Schüler nach dem argentinischen Lehrplan bis zum Ablegen des Examen de Bachillerato (5° año) auszubilden, ihnen eine möglichst gründliche Kenntnis der deutschen Sprache und Kultur zu vermitteln.

Der deutsche Unterricht bildet daher einen wesentlichen Be­standteil des Gesamtunterrichts; er ist den übrigen Unterrichts­fächern gleichwertig und für alle Schüler, auch bei der Versetzung, verbindlich.

Schulbericht über die Belgranoschule

Schulbetrieb

Lehrplan und Unterricht

Das verflossenes Schuljahr bedeutet einen gewissen Abschluss in der Entwicklung der Belgranoschule. Die Frage, wie weit sich die Schule an das argentinische Schulsystem anschließen solle, war seit Jahren erörtert und praktisch erprobt worden. Eine ent­scheidende Wendung kam im Jahre 1928 durch den Beschluss des Vorstandes, dass die Belgranoschule nicht einer staatlichen höheren Schule angegliedert, sondern nach deutschem Lehrplan weitergeführt werden solle. Nur für die Schüler der Obertertia und Untersekunda, die die Prüfung des 1. und 2. Jahres des Na­tional Kollegs ablegen, aber nicht in die Germaniaschule eintreten wollten, übernahm die Schule deren Vorbereitung, doch so, dass der deutsche Lehrplan dadurch nicht geschädigt wurde.

Eine andere Lösung war nicht möglich, so lange die deutschen höheren Schulen in Buenos Aires (Belgrano-, Germania- und Cangallo-Schule) getrennt arbeiteten. Zwar stand den Schülern unserer Schule nach Abschluss der Untertertia der Übertritt zur Germaniaschule offen, aber es war verständlich, dass manche El­tern ihre Kinder so lange wie möglich, lieber der ihnen wohl­vertrauten Schule belassen wollten, auch wenn sie die Absicht hatten, sie für das argentinische Universitätsstudium vorzuberei­ten.

Durch die Vereinigung des Oberbaues der Germaniaschule und der Cangalloschule, die im Vorstandsbericht näher behandelt worden ist, wurde nun eine klare Lage geschaffen. Da die Deut­sche Schulvereinigung vom nächsten Jahre ab zwei gleichwertige höhere Schulen unterhalten wird, eine, die Belgranoschule, nach deutschem, die andere, die Germaniaschule nach argentinischem Lehrplan, fällt für die erstere die Verpflichtung fort, die Ober­tertianer und Untersekundaner noch nebenbei für die Prüfungen am Nationalkolleg vorzubereiten. Sie wird also vom nächsten Jahre ab ausschließlich nach dem Lehrplan einer deutschen hö­heren Schule, natürlich unter Berücksichtigung der hiesigen Be­dürfnisse, weitergeführt werden.